Rübezahl – ein Legende der Bergwelt und die Geschichte
Wie kommt Rübezahl zu seinem Namen?
Riebezahl war einmal nichts anderes, als der oberste, gewaltige germanische Gottkönig und Himmelsvater Wodan, der Wütende, der im Sturmwind mächtig dahinbraust. Da war er der Nachtjäger. Das war in der Heidenzeit, als man ihn noch kurz „Riebe“, den „Rauhen“, nannte. Aber die christlichen Priester konnten ihn nicht leiden. Noch hielt er in den Herzen der Neubekehrten feste Ruhstatt. Sie wollten von ihrer alten Lieblingsgestalt nicht lassen. Da degradierten ihn die Geistlichen nicht nur zum Dämonen, sondern machten ihn auch beim gläubigen Volke verächtlich und hingen ihm einen lächerlichen Schwanz an, einen „Zal“. So war der „Riebe - zal“ fertig. Aber erst der Folgezeit war es voll und ganz vorbehalten, unter der Hand des fabulierenden, lustig‑sagenverschmelzenden Schlesiervolkes die uralte mythologische Gestalt, den germanischen Windgott und Sturmdämon, wieder zu frischem, neuem Leben zu erwecken und mit dem farbfrohen Sagenkranz buntschillernder Romantik zu umgeben, mit konglomeratartig sich ansetzenden Erzählungen von niederen Geistwesen ... Er blieb nicht nur der Kollege von Knecht Ruprecht!! ... Der einäugige Wolkenwanderer mit Schlapphut! ...
Vielleicht - und anscheinend - war seine Mittellinie die des schalkhaften Waldschrats, des Kobolds, der gern die Leute neckt. Diese Wesensart und Natur scheint bei ihm besonders ausgebildet und entsprach auch ganz dem derb‑biederen Sinn des Schlesiers, der gern zu launigen Späßen aufgelegt ist, und seiner humorvollen Art. Eine Menge Ulkstreiche wurden da erzählt. Bald schreckte er die Wanderer durch böses Wetter und führte sie irre. Bald praktizierte er einem Handwerksburschen silberne Löffel in den Ranzen. Ja, sogar: er stirbt, nachdem er sein Testament gemacht hat, verhöhnt aber die Leute noch im Sarge. .
Doch von dieser Form wuchs er sowohl nach unten, wie nach oben hinaus. Er ward zum verhutzelten, stricknadelbeinigen, buckligen Zwerg zum verbutteten Menschen und wilden Mann mit zottigen Haaren, aber auch zum kleinen, spannengroßen Erdmännlein, einem Homunkulus vergleichbar. Doch wuchs er auch hinaus ins Riesenhafte, womit die Germanen so gern ihre Berge bevölkerten, zum stolzen Giganten, der of mit goldenen Kegeln - dem Sonnenscheine - spielte. Als Zwergkönig aber beschenkt er die armen Leute mit unscheinbarem Laub das sich in Gold verwandelt.
Das phantasievolle Mittelalter stand besonders im Zeichen des Zauberglaubens und der Hexenkunst. Als Zauberer konnte Riebezahl verschiedene Kunststücke zur nicht geringen Überraschung der Zuschauer ausüben. Es war ihm ein leichtes, ein Bein auszureißen und damit Holz zu hacken, Pferde in Strohwische zu verwandeln, einen Baumstamm vorzutäuschen, auf den sich der Harmlose setzte. Als Hexenmeister aber konnte er gut Wetter machen, wie es alle Hexen verstanden. Er war eben Meister und stand seinen Mann darin. Kein Wunder, wenn ihn die christlichen Leute überhaupt als Teufel ansahen, als den leibhaftigen „Gottseibeiuns“, den man gern abbildete mit Hirschgeweih, Kuhschwanz und Bocksbeinen. So erscheint er als Beibild und Gebirgsstaffage auf der ersten Landkarte Schlesiens von 1561. Das Bocksbein rührt her von den griechischen Satiren. Wir dürfen es den Bergleuten im Stollen des Schwarzen Berges nicht übel nehmen, wenn sie ein Kruzifix zum Schutze gegen ihn aufgehängt hatten. Er ward zum schreckhaften „Meister Hämmerlein“, zum Klopfgeist.
Natürlich ist Riebezahl im Riesengebirge nach 1500 ein echter Berg bau‑ und Bergwerksgeist geworden. Burklehner sagt uns in seiner Tiroler Chronik 1642, daß er aus dem Harz stammt und von da eingewandert sei. Indessen trugen schon in Süddeutschland ‑ um 1230 in Würzburg ‑ Personen ihren Namen nach ihm. So erscheint in diesem Kopialbuch ein Träger dieser mythologischen Bezeichnung. Das erstemal finde ich unseren Berggeist um 1566 erwähnt in des Irenäus „Wasserspiegel“. Um 1500 bereits kommt bei Rastenburg im Ermlande dieser Name als Ortsname vor, ein Beweis für den innigen Zusammenhang des alten Ordenslandes Preußen mit dem schlesischen Kolonisationsgebiet, welches zur Bevölkerung dieser Gegend viel beitrug und auch einen Teil seiner Ortsnamen lieferte. Dort hatte er sein Domizil zumeist im Erdinnern, ohne sich viel an die Oberfläche zu wagen. Man müsste nur besser unterscheiden zwischen Bergwerksgeist (unterirdisch) und Berggeist (überirdisch). So kannten die Ober‑ und Niederdeutschen, die Schweizer, Tiroler, die Böhmen und Ungarn, die Meißener und Harzer ihren Geist. Er war psychologisches Erleben der Bergleute in der Einöde des Erdinnern, Ergebnis der gespannten Sinne abergläubischer Gemüter. Der rege Austausch der Bergbaugebiete sorgte dafür, daß ihm bis Schweden hinauf der einheitliche Charakter gewahrt wurde. In den Silberbergwerken von Trient - den nachweisbar ältesten - ist seit dem 10. Jahrhundert die deutsche Bergmannssage entstanden und hat sich mit der von den Venedigermännchen – den Geist-Bewohnern des Venedigers in den Alpen, dessen Name der Begriff des Vermummten anhaftet – allmählich, über ganz Deutschland verbreitet. So dachte man ihn denn gern auch als Bergmann verkleidet, mit der Kapuze auf dem Kopfe, die ihn zum „Mönch“ machte, mit Keilhaue, Schurzfell und Grubenlampe versehen. Das machte ihn zugleich zum, schatzbehütenden Gebieter, dessen sich die Wälschen besonders annahmen, um andere von dem Edelsteinsuchen abzuhalten. Sie wandelten seinen Namen verwalschend in Ronzevall und Rubisko. Ein gleiches Interesse hatten an ihm die Wurzelsucher. Name und Gewerbe der Wurzelgräber waren aber deutscher Herkunft. Zuerst nachweisbar sind sie im Salzburgischen. In Krummhübel kommen Familiennamen vor wie: Gemsjäger und Schlingel ...
So wurde Riebezahl schließlich auch zum überirdischen Berggeist, d. h. Berg-Geist, zur wandernden Nebelbildung und zum Wolkenphantom. Wie die Riesengebirgler heute noch ihren „Mützling“ kennen! In köstlichem Jugendglauben! ...
Die letzte Ausgestaltung und Erscheinungsform der Sage aber erfuhr erst die Neuzeit. Da ward er zum albernen Bergfex herabgedrückt, angetan mit Bergschuhen, Wadenstrümpfen, grauem Rindenhut, Jägerjoppe und Lodenmantel, mit riesigern Wirrbart und einem kräftigen Bergstock. So haftet der Bergesalte am besten in der Vorstellung von uns Schlesiern und kursiert in dieser Gestalt auf Ansichtskarten und ungezählten Geschenkartikeln der Riesengebirgswelt. ...
Baumwurzeln - das ist Rübezahls Reich.
Die berühmte Sage: Immer, wenn die Bewohner des Riesengebirges in Not waren, gingen sie in den Wald und riefen ihren Berggeist Rübezahl zu Hilfe.
Kahle Kammrücken mit steinig schroffen Spitzen, düstere Felsenteiche, knorrige
Eines Tages wurde die Frau des schlesischen Bergbauern Johann krank. Niemand konnte ihr helfen. In seiner Verzweiflung lief Johann in den Wald, rief: "Rübezahl, Rübezahl. Bitte hilf mir." Es dauerte nicht lange, bis der mächtige Berggeist erschien. Er begleitete den angsterfüllten Bauern ins Dorf zu seiner Frau. Rübezahl gab ihr eine geheimnisvolle Springwurzel zu essen, die nur in seinem Garten wuchs. Schon bald darauf ging es der Frau wieder besser.
Jahrhundertelang ist am Mythos des schlesischen Berggeistes aus dem Riesengebirge herumgerätselt worden. Hier folgen die Erklärungen der vielen Gesichter des Rübezahl.
Er war sehr groß (über 2 Meter) und schlank, sein Gesicht rauh und kantig. Er trug stets seinen roten Rauschebart. Zur Abschreckung führte er meist eine große Holzkeule mit sich. Rübezahl trug einen dunklen Umhang mit Kapuze, der bis zu den Oberschenkeln reichte. Die Beine blieben unbedeckt - Kälte machte ihm nichts aus.
Rübezahl als Freier Rübezahl-Forscher Johann Karl August Musäus (1735-1787): "Eines Tages holte er sich die schlesische Königstochter Emma hinab in sein unterirdisches Reich. Damit sie nicht so einsam sei, brachte er ihr einen Korb voller Rüben, die sie mit einem Zauberstab in Menschen und Tiere verwandeln konnte. Als Rübezahl sie heiraten wollte, stellte sie ihm eine Bedingung: Er sollte erst alle Rüben auf dem Feld zahlen. Während der Eheanwärter sich seinen Namen verdiente - als Rübezähler -, verwandelte Emma eine Rübe in ein Pferd und ritt davon." Rübezahl, der Geächtete Laut einer urkundlichen Nachricht wurde in Wamsdorf 1427 ein Nickol Rübenczal verurteilt und geächtet. Er soll ein Pferd gestohlen haben. Ächten bedeutete: aus seinem Ort, von seinem Hof vertrieben, heimatlos gemacht werden. Einziger Zufluchtsort: der Wald. Dort wurden Ausgestoßene häufig zu gefährlichen Räubem.
Rübezahl führte die Wanderer in die Irre: Schon in Jahre 1597 gab es im böhmischen Riesengebirge einen Mönch, den die Menschen Rübezahl nannten. Manchmal ließ er sich an den Gebirgsquellen sehen, bot sich Leuten als Führer an, die eine Reise durch die Wälder vorhatten. Aber dann führte er sie in die Irre, bis sie sich verlaufen hatten. Schließlich schwang er sich auf einen Baum und lachte lauthals los, dass es grausig durch den Wald hallte.
Rübezahl als Schatzhüter: Im 16. und 17. Jahrhundert wurde das Riesengebirge von Goldsuchem durchstreift. Große Goldadem sollen im Gebirge verborgen gewesen sein. Geheimnisvolle Zeichen, die in Bäume geritzt waren, führten die Sucher zum Schatz. Doch dort lauerte Rübezahl, in Gestalt eines großen grauen Mönches. Er überragte alle Bäume, stieß gewaltige Laute aus, dass die Erde bebte: "Der Schatz gehört dem Gebirge." Die Menschen bezeichneten Rübezahl damals als 'leidigen Satan'.
Rübezahl, der Herr des Wetters Eines der wichtigsten Gebote im Riesengebirge gilt bis heute: Beleidige niemals den Waldgeist Rübezahl, wenn du in sein Reich eindringst,sonst schickt er Blitz und Donner. Im Jahre 1654 passierte es doch.
Eine Gruppe vornehmer Adeliger war im Gebirge unterwegs. Die Sonne strahlte am wolkenlosen Himmel. Da brach heimlich einer der Diener das Gebot. Er verfluchte, verspottete Rübezahl. Sofort tauchte eine kleine Wolke am Himmel auf. Sekunden später tobte ein fürchterliches Unwetter mit Blitzen und Hagelschauern.
Rübezahl, der Zauberer: Einmal kam eine alte Frau in den Wald, um Wurzeln für ihre hungrigen Kinder zu sammeln. Doch sie verirrte sich immer tiefer im Wald, bis ihr Rübezahl begegnete: "lch helfe Euch, den Weg zu finden, aber schüttet die Wurzeln aus und pflückt von den Blättern", verlangte er. Doch die Frau wollte nicht: "Es ist doch nur wertloses Laub." Schließlich wurde Rübezahl böse, leerte den Korb selbst und füllte ihn mit den Blättem. Als die Frau dann allein war, wollte sie ihren Korb wieder mit den Wurzeln auffüllen. Doch aus den Blättern waren goldene Dukaten geworden...
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VOM RÜBEZAHL
Rübezahl, der Geist des Riesengebirges, hatte oft seine Freude daran, den Menschen allerlei Streiche zu spielen; dabei erwies er den Armen aber mancherlei Wohltaten und strafte die Hartherzigen und Geizigen.
Einmal wanderte ein armer Glashändler mit einer schweren Kiepe voll Glaswaren auf dem Rücken über das Gebirge. Da er recht müde geworden war, hätte er sich gerne etwas ausgeruht, aber nirgends war ein Felsvorsprung oder dergleichen zu sehen, worauf er seine Last hätte absetzen können. Rübezahl, der ihn eine Weile beobachtet und bald seine Gedanken erraten hatte, verwandelte sich schnell in einen Baumstamm, der nun am Wege lag. Erfreut ging der müde Wanderer darauf zu, setzte seine Last ab und sich auf den Stamm, um sich zu erholen. Kaum aber saß er da, so rollte der Stamm unter ihm weg, den Berg hinunter, und der Händler und die Scherben des Glases lagen am Boden. Traurig erhob sich der arme Mann, und als er seine zerbrochenen Schätze betrachtete, fing er bitterlich an zu weinen. Da kam Rübezahl, der wieder menschliche Gestalt angenommen hatte, auf ihn zu und fragte nach der Ursache seines Kummers. Treuherzig erzählte der Händler sein Unglück, und daß er bei seiner Armut nicht die Mittel zum Ankauf neuer Vorräte besitze. Rübezahl teilte dem Traurigen nun mit, wer er sei, und daß er ihm helfen wolle, wieder neue Glaswaren kaufen zu können.
Nun verwandelte sich Rübezahl vor den Augen des erstaunten Mannes in einen Esel und gebot ihm, ihn zur nächsten Mühle zu führen. Der Müller brauche gerade einen Esel und würde ihm gerne ein so schönes Tier, wie er sei, abkaufen. Dann solle er sich aber um nichts Weiteres kümmern, sondern sich mit dem Gelde schnell fortmachen. Der Mann führte nun den Esel zur nächsten Mühle, und nachdem der knauserige Müller noch einen Taler vom geforderten Kaufpreis abgehandelt hatte, wurde das Grautier sein Eigentum. Der Händler nahm das Geld — er hatte noch zwei Taler mehr bekommen, als seine Glaswaren gekostet hatten — und machte sich damit schnell aus dem Staube. Der Müller freute sich recht über den guten, billigen Kauf, führte das muntere Eselein in den Stall und gab dem Knechte den Auftrag, demselben Futter zu geben. Darauf ging er in seine Stube. Sogleich aber kam der Knecht, vor Furcht und Entsetzen zitternd, ihm schon nachgelaufen und sagte: »Herr, der neue Esel ist behext! Ich habe ihm Heu gegeben, aber da rief er: Ich fresse kein Heu! Ich will Braten und Kuchen haben!« Der Müller wollte die Geschichte nicht glauben und ging mit in den Stall. Dort stand das Eselein ganz ruhig und still. Der Müller nahm nun eine Hand voll Heu, hielt es dem Tier hin und streichelte dasselbe. Der Graue aber nahm das übel, schlug mit dem Vorderfuß nach dem Müller und rief wieder: »Ich will Braten und Kuchen! Ich will Braten und Kuchen!« Entsetzt wich der Müller zurück. Der Esel aber drehte sich um, gab ihm noch einen Tritt mit den Hinterbeinen, so daß er ins Heu kugelte, und sprang dann durch die offene Tür hinaus ins Freie, wo er bald verschwunden war. Nachdem der Knecht seinem Herrn wieder auf die Beine geholfen hatte, rieb dieser sich die schmerzenden Glieder und jammerte: »Hätte ich doch meine zwölf Taler wieder! Mein schönes Geld!« Dem Müller aber war recht geschehen; denn er war geizig und hartherzig und hatte noch am Tage vorher einen armen Bauern um zwölf Taler betrogen, und Rübezahl hatte den Geizigen bestraft.