Die Überwindung der Schwerkraft, der Wunsch fliegen zu können, ist eine alte Sehnsucht des Menschen. Die Mythen erzählen von Göttern und Geistern, die sich frei durch die Luft bewegen können. In diesen Träumen erhebt sich der Mensch von der Erde. Der Schamane erlebt im Traum oder in der Vision, wie er in den Himmel fliegt. Viele Riten sind ein Sinnbild dieses Sehnens. Der Tanz ist eines der Mittel, mit deren Hilfe der Mensch der Schwerkraft zu entfliehen versucht.
Ein besonderes Ausdrucksmittel des Tanzes ist die Gebärde. Ein wichtiges Organ der Gebärden sind die Hände. Man kann mit den Händen tanzen. Bekannt sind die rituellen Handhaltungen: die Mudras. In der indischen Tanzkunst ist das System der Gesten bis ins Kleinste ausgearbeitet. Die Kunst der Gebärden be-schränkt sich aber nicht auf die Hände. Es gibt ausdrucksvolle Bewegungen des Kopfes, der Augen, des Mundes, des Körpers und der Beine.
Der römische Schriftsteller Varro schrieb:"...Es hat seine guten Gründe, wenn man bei den Zeremonien tanzt. Denn unsere Väter haben gewollt, daß alle Teile des Körpers sich durchzogen fühlen sollen von religiöser Empfindung. Darum kann Tanzen eine Art des Betens sein, wie es in unserer Kultur noch in Resten weiterlebt."
In seinem Alterswerk ("den Gesetzen") spricht Plato von der Bedeutung des Tanzes, den die Götter den Menschen geschenkt haben.
Zum Kultus der Göttin Artemis gehörten verschiedene rituelle Tänze. In Sparta führten die Mädchen bei ihrem Gottesdienst Spiele und Tänze auf. Plutarch erzählt:"...Lykurg übte die Körper der Mädchen im Schnellaufen und Ringen... Weil er die Mädchen daran gewöhnte, genauso wie die Jungen am festlichen Umzug teilzunehmen und nackt in den Heiligtümern zu tanzen und zu singen, nahm er ihnen alles Weiche und übertrieben Weibliche..."
Auch im alten Ägypten tanzten vor allem Frauen. Zu jedem Tempel gehörten Tänzerinnen, um des Gottes Herz zu erfreuen. Besonders zu Ehren der Hathor, der Göttin der Frauen und der Liebe, wurde getanzt. Die Göttin Hathor hatte aber auch Stunden des Zorns. Dann tanzte man, um sie wieder gnädig zu stimmen. Bei verschiedenen Prozessionen treten Tänzer auf; so bei dem festlichen Umzug für den Gott Min. Bei Begräbnissen wurde ebenfalls getanzt.
Zum Totenkult gehörte auch der Tanz der Muu. Die Muu trugen in der Regel Kronen aus Riedgras und stellten verstorbene Könige dar. Ihr Tanz war Teil des Begräbnisses nach den Riten des Osiris, dem Gott des Totenreiches.
Eine besondere Art des Sakraltanzes im alten Ägypten war der Opfertanz des Pharao. Mit langen Schritten, bei denen er den Boden nur mit den Zehen berührte, eilte der Pharao auf seinen Gott zu, um diesem ein Opfer darzubringen. Eine ähnliche Zeremonie fand beim Sed-Fest statt, das alle 30 Jahre begangen wurde, um den Ort zu weihen, an dem der Festtempel errichtet wurde.
Nach diesem allgemeinen Überblick über einzelne Formen des Tanzes, werde ich nun auf den unterschied-lichen Sinn-Inhalt einzelner Tänze eingehen.
Der kosmische Tanz
Die Praxis des kosmischen Tanzes pflegten auch unsere Vorfahren. Der Reigentanz symbolisierte bei ihnen die Bewegung des Kosmos; das Festhalten der Hände war die Vereinigung der Elemente; die Klänge des Liedes die Harmonie der Planeten; das In-die-Hände-Klatschen und das Stampfen der Füsse der Laut des Donners. Man sah Erde und Himmel in einem Zusammenhang: wie oben, so unten.
Die Rundtänze hatten vielfach einen astralen Charakter. Manche Tänze erforderten, daß sich die Tänzer nach der Sonne und den vier Himmelsrichtungen ausrichteten. Am meisten bekannt sind die Mondtänze, bei denen die Phasen des Mondes mimisch nachgeahmt wurden. Diese Tänze führten in der Regel 12 Paare aus, die zuerst in einer Runde tanzten, das Gesicht nach innen ge-wandt und danch wurden die Gesichter nach aussen gerichtet (dadurch gaben sie den zunehmenden und den abnehmenden Mond wieder). Dann bildeten sie (entsprechend den 4 Jahreszeiten) vier Gruppen und schlossen mit einem Rundtanz.
Es dürfte klar sein, daß die Götter und mystischen Wesen, die mit dem Mond in Verbindung gebracht werden (und denen zu Ehren getanzt wurde), Götter der Fruchtbarkeit und des Heiles sind.
Einweihungs-Tänze
Die Einweihung ins Leben beginnt praktisch mit der Geburt. Sie wird daher meistens mit besonderen Riten umgeben. Der Vater trug das Neugeborene in schnellem Schritt dreimal um den heiligen Herd. Dann weihte man das Neugeborene im Namen der Mutter Erde und der Götter Asgards und veranstaltete anschliessend ein übermütiges Fest mit Gesängen und Tänzen.
Die Jünglinge mußten Mannbarkeits-Riten bestehen, die oft monatelang dauerten. Sie umfassten eine Unter-weisung in das Geheimwissen und zahlreiche Prüfungen, die den Mut, die Standhaftigkeit und andere für einen Erwachsenen notwendigen Eigenschaften nachweisen sollten. Zu den Prüfungen der Jünglingsweihen gehörten auch Geissel-Tänze, hierbei konnte es zu einem regelrechten Spiessrutenlaufen kommen. Diese Jünglingsweihen hatten vor allem einen religiösen und sozialen Charakter. Die meisten dieser Tänze wurde in Masken und Kostümen ausgeführt.
Bei einigen Völkern gab es verschiedene kriegerische Geheimbruderschaften mit komplizierten Einwei-hungsriten. Einer dieser hierbei ausgeübten Tänze hiess Bärentanz. Diese meist magischen Tänze wurden in Gruppen getanzt - bis sich bei den Tänzern eine regelrechte "Bärenwut" (Berserker) einstellte.
Die Einweihungstänze konnten nach Art und Bedeutung sehr verschieden sein. So gab es z.B. bei einigen Völkern einen Tanz, bei dem die erwachsenen Sippenmitglieder um einen Neuling (z.B. eine hereingeheiratete Frau) herumtanzten. Die Symbolik des Tanzes war klar, man wollte damit "jemanden in den Kreis der Sippe aufnehmen".
Der mystische Tanz
Der mystische Tanz ist ein ekstatischer Tanz. Es gibt wohl mystische Tänzer, die durch wirbelnde Bewe-gungen ihr Ziel zu erreichen versuchen, aber ihnen gegenüber steht die Stille - nicht die erstarrte Stille, sondern das erfüllte Stillesein einer vollkommenen Innerlichkeit. Nicht alle mystischen Gefühle beziehen sich auf eine Gottheit. Auch mit dem Leben und mit den vitalen Kräften der Natur bemüht sich der Mensch zu vereinigen.
In der Vereinigung mit der Natur findet der Mensch ein neues Leben. Aus der Natur schöpft er neue Kraft. Im Tanz bringt er eine Gemeinschaft der Lebenskraft zustande, die die Natur beseelt und auch ihn erfüllt. Er tanzt die Natur, er wird ein Teil der Natur. Er geht in seiner Ekstase-Trance ganz in der Natur auf.
Die Mystik ist reich an Worten und Bildern. Eines der Bilder, deren sich die Mystik bedient, um die Vereinigung mit der Gottheit anschaulich zu machen, ist die menschliche Liebe. So gibt es in allen Kulturen mystische Tänze, die rein objektiv nur die Liebe zwischen Mann und Frau behandeln, die jedoch zugleich eine tiefe esoterische Bedeutung haben und sich auf das Verhältnis zu einer bestimmten Gottheit beziehen.
Ein deutscher Mystiker schrieb über den Tanz:"...Einer, der mit seinem Leibe tanzt, in einem Augenblick ekstatisch schwebt... und besonderen Orten seine Ehrbietung bezeugt... der im Geiste tanzt, mit einem bren-nenden Glauben emporgetragen, emporgehoben zu den Sternen... und der erwirbt sich das Recht, teilzu- nehmen an dem Rundtanz... Auf diese Weise bekommt er, der den geistigen Tanz tanzt, das Recht, mitzu- tanzen im Ring der ganzen Schöpfung..."
Als therapeutische Phänomene haben Musik und Tanz eine lange Geschichte. Schamanen und andere Heiler, die in den verschiedenen Kulturen Kranke behandeln, tanzen in einer bestimmten Phase ihrer therapeutischen Massnahmen.
Im Mittelalter glaubte man Epedemien durch Tanzen vertreiben zu können. So tanzten z.B. im Jahre 1348 die Bürger Wertheims um eine Tanne (von altersher ein heiliger Baum), um die Pest zu verjagen.
Bei einigen nordischen Stämmen war es üblich, daß die Kranken (z.B. bei einer Erkältungskrankheit) im Kreise ihrer Stammesgenossen tanzten. Diese sassen im Kreis herum und sangen magische Lieder. Und die Kranken tanzten, bis das Fieber durch das Schwitzen verschwunden war. Ein Runenmeister jagte sie dann mit einer Fackel in den kalten Wald hinaus.
Der Runen-Tanz
Dieser Tanz enthält alle Elemente und Sinn-Inhalte anderer Tänze. Musik und Gesang werden, je nach dem Zweck, aus den Runenlauten und magischen Formeln zusammengestellt. Der Gesang wird von rhythmischem Trommeln unterstützt. Die Grundlage das Tanzes selbst sind die Runenstellungen, die folgerichtig aneinander gereiht werden; Ergänzung finden die Runenstellungen durch die Runen-Griffe.
Runen-Tanz ist gleichzeitig Ritual und stellt eine Höchstform der Runenmagie dar. Er löst auf anderen Daseinsebenen Reaktionen aus, die in unserer dreidimensionalen Welt starke Wirkungen zeigen. Das Mana, das der Rune Kraft verleiht, erhält durch den Trance-Tanz grösste Aktivierung. Bei keinem Runentanz dürfen Licht (Feuer, Kerzen, Lampen o.ä.) und Räucherung fehlen.
Die Runentänze können einzeln oder in Gruppen getanzt werden. Objektiv gesehen, gleichen sie einem rhythmischen Schreiten und Drehen in weiten Kreisen oder in Form von Spiralen und Zickzacken.
Die Figuren des Tanzes werden nach den Dreier-Saturn-Quadraten festgelegt, d.h. entsprechend der Runenpositionen in den Saturn-Quadraten ergeben sich die Tanz-Figuren:
8 1 6 = Not Fa Ka
3 5 7 = Thor Rit Hagal
4 9 2 = Os Is Ur
13 18 11 = Bar Gibor Sig
12 14 16 = Tyr Laf Yr
17 10 15 = Eh Ar Man
So gleicht zum Beispiel der Runentanz zur Aufnahme von Lebenskraft einem Quadrat =
IS = "Ich öffne mein Ich." >>>
AR = "Die Kraft der Sonne strömt in meinen Solarplexus." >>>
MAN = "Ich lasse kosmische Energien tief in meinen Leib fliessen." >>>
UR = "Ich nehme die Energien der Erdströme in mich auf und lenke sie tief in meinen Unterleib." >>>
IS = "Ich verschmelze die Energien in meinem Körper und wandele sie in geballte Geisteskraft."