In der griech.-röm. Sage "die Brustlosen", ein kriegerisches, männerfeindliches Frauenvolk. Dazu gehörten u.a. Hippolyte, Penthesileia, Aella, Melanippe, Prothoe, Alkippe und Hypsipyle. Sie stammen von Ares ab. Von Bellerophon besiegt.
Mit den Männern benachbarter Völkerschaften pflogen sie Gemeinschaft bloß der Fortpflanzung wegen. Diesen sandten sie auch die neugeborenen Knaben zu, wenn sie sie nicht töteten. Die Mädchen aber erzogen sie zum Kriege und brannten ihnen (nach späterer etymologisierender Sage) die rechte Brust aus, damit sie ihnen beim Spannen des Bogens nicht hinderlich sei. Ihrem Wesen nach gehörten die Amazonen zu dem Kreise der großen Göttin Kleinasiens, welche die Griechen mit Artemis identifizierten. Die Amazonen wohnten nach der verbreiteten Auffassung an den Küsten des Schwarzen Meeres, am Fluss Thermodon. Von hier aus sollen sie ganz Asien mit Krieg überzogen und viele Städte erbaut haben. Schon Homer weiß von Kämpfen des Bellerophon und der Phrygier gegen die Amazonen. Ihrer Königin Hippolyte, nach anderen Antiope, ward von Herakles das Wehrgehänge, das sie von Ares erhalten hatte, abgenommen. Auf diesem oder einem eigenen Zuge gewann Theseus die Hippolyte, infolgedessen die Amazonen einen Einfall in Attika machten. Auch zogen sie unter ihrer Königin Penthesileia gegen die Griechen dem Priamos zu Hilfe. Selbst zur Zeit Alexanders d. Großen treten sie noch in Sagen auf; ihre Königin Thalestris soll den Alexander besucht haben und durch ihn Mutter geworden sein.
Als die Griechen die Südküste des Schwarzen Meeres näher kennen lernten und dort keine Amazonen fanden, verlegte man sie in das Land nördlich vom Schwarzen Meer.
[ Editiert von Administrator Linoma am 28.04.10 11:27 ]
Artemis ist eine der wichtigsten Göttinnen der Amazonen gewesen. Artemis steht für ein Leben, in dem die Frauen alle Funktionen der Gesellschaft selbst erfüllen, selbstbewußt sind und doch äußerst liebevoll zu allem Leben, kleinen Mädchen und Tieren.
Erinnerungen der Amazone: "Fairness Kameradschaft Einssein miteinander Freundin Schwester Mutter Tochter Liebe Toleranz Freiheit Immer füreinander da sein "Ich hole dich im tiefsten Getümmel, wenn du verletzt wurdest." Keine wird liegen gelassen."
"Als die Zeit der Frauengemeinschaften im Nebel zu versinken drohte, als aus den friedlichen, von Frauen behüteten Siedlungen Verteidigungsanlagen wurden, verließen Frauen die Gemeinschaften, um die alte Ordnung wiederherzustellen: Die Amazonen, wie wir sie heute nennen. Ihr Stolz war nicht gebrochen, sie wollten nicht Mütter und Hüterinnen von Privatbesitz werden. Sie waren Freie, die umherzogen und nur ihre Gefährtinnen liebten. Wurden sie angegriffen, so konnten sie kaum besiegt werden, weil sie ohne Furcht waren." (Von Luisa Francia, aus dem Buch: Mond, Tanz, Magie)
Historisch:
Bis vor kurzer Zeit gab es noch sehr wenige Beweise für die Existenz der Amazonen, obwohl viele Legenden detailierte Angaben machen, die auch historisch stimmig sind. Jetzt wurden doch einige Ausgrabungen gemacht, die immer mehr auf die historische Wahrheit dieser Legenden hinweisen, so wurde z.B. im Schwarzmeergebiet ein Kriegerinnengrab gefunden. Jägerinnen gab es auch in anderen Gebieten und oft wurden Pfeilspitzen neben Frauenleichen gefunden, manchmal mehr als bei Männergräbern. ->Amazonengrab
Über die Amazonen wird gesagt, dass sie die Stadt Ephesos gegründet haben, in der der Haupttempel der Artemis stand und daher der Mittlepunkt ihres Kultes in der Antike war.
Amazonen waren in Nordafrika, Anatolien und am Schwarzen Meer verbreitet. Das Wort A-Mazone wird oft mit "brustlos" übersetzt, jüngere Forschungen ergaben jedoch, dass der Name "Mondfrau" bedeutet. "Im altpersischen Sankrit soll es eine Bezeichnung "uma soona" geben, die in etwa die Bedeutung "Kinder der Uma" haben soll, wobei "Uma" der Name einer Mond(?)-Göttin ist. Es gibt wohl auch ein armenisches Wort, das ähnlich klingt und "Mond-Frau" bedeutet. " (Quelle: http://www.asn-ibk.ac.at/projekte/hbla-kematen/amazonen.htm)
Die Legende sagt, dass die Amazonen die ersten waren, die Pferde zähmten und dadurch eine millitärische Überlegenheit hatten. Auch in Nordeuropa machten die Walküren durch den Klang ihrer Stimme die Feinde wehrlos. Skythen
Die Skythen wurden von Priesterinnenköniginnen beherrscht. Hier traten auch Männer in den Dienst der Göttin, die Artemis, Hestia oder Gaja (Erde) genannt wurde. Ein Teil ihres Landes war Parthien, das überstezt "Jungfrauenland" heißt.
Amazonen – Kriegerische Frauen Aktualität und Mythos
Colloquium 9. – 10. Februar 2007 im Bremer Theater
Amazonen sind ein bevorzugtes Motiv der Antikenrezeption. Sie faszinieren durch die implizite Überkreuzung herkömmlicher Geschlechtertypologien. Die Amazonen haben, einer falschen Etymologie der Antike zufolge, diese Negation an sich selbst vollzogen, indem sie sich eine Brust abnahmen, um so fähig zu werden zu kriegerischem Kampf. Sie geben damit auf, was ihnen ontologisch zugewiesen wurde: die ‚nährende Seite eines behütenden Muttertums’. Aber gerade in dieser Inversion bekräftigen und fixieren sie Rollenbilder, so eine Hypothese.
Gegenstand wird einerseits die Rekonstruktion angeblicher Reiche der Amazonen sein, Vermutungen also über deren realgeschichtliche Existenz, wie Sie Johann Jakob Bachofen in seiner weithin wirkenden Schrift Das Mutterrecht anstellte, auch im Rekurs auf die Orestie des Aischylos oder Das Argonautenepos des Apollonios Rhodios. Andererseits interessieren die medialen Umsetzungen dieser kriegerischen Frauen in je verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten. Amazonen wurden in der griechischen Antike auf Vasen abgebildet, sie bevölkern üppige Schlachtengemälde des 19. Jahrhunderts (Anselm Feuerbach). Man begegnet ihnen in der hohen Literatur (Kleist: Penthesilea, Wolf: Kassandra) und im modernen Actionkino (Catwoman) oder Computerspiel (Lara Croft), auch wenn sie dort andere Namen tragen.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist das Stück von Stefan Schütz, Die Amazonen, und seine Inszenierung am Bremer Theater unter der Regie von Konstanze Lauterbach. Der Text von 1974, noch in der DDR entstanden, gibt sich als radikale Kritik patriarchaler Machtkonstellationen und kapitalistischer Subjektzurichtung. Die Zivilisationspioniere Herakles und Theseus erscheinen hier vertiert. Während der Erste aber nur typologisch reduziert dargestellt wird, wandelt sich der Zweite, Theseus, unter dem Einfluss der Amazone Antiope. Fast scheint es, als könnte die emphatische Liebe zwischen beiden den Antagonismus der Geschlechter aufheben. Aber die Amazone stirbt, wie bei Kleist, in einem tragischen Finale.
Gibt es sie wirklich oder sind sie bloß ein Sagenvolk?
Das Volk der kriegerischen Frauen, die unabhängig von Männern ein eigenständiges Leben führten, eigene Städte bauten und sich männlichen Soldaten im Krieg erfolgreich entgegenstellten - gab es sie wirklich oder sind sie einfach nur ein wunderbarer Mythos?
Man erzählt sich, sie genossen und genießen immer noch große Bewunderung, zumal sie nicht nur furchtlos und stark waren, sondern auch noch äußerst attraktiv und vor Erotik nur so sprühten. So genossen die Heldinnen bei den Völkern damals ein hohes Ansehen, waren tapfer und kühn und galten als würdevolle Kriegerinnen. Hinterlistig, grausam oder feige wurden sie dagegen nie dargestellt.
Mit den Amazonen in einem Satz genannt zu werden galt damals für einen Krieger als großes Kompliment. Sogar ein Kaiser wurde mit den Worten: "Du bist der Herr der Welt...dein Ruhm kommt dem einer Amazone gleich" begrüßt. Hörte ein Krieger das Lob, er habe wie eine Amazone gekämpft, wurde er wahrscheinlich knallrot vor Verlegenheit und schritt mit geschwollener Brust von dannen.
Wahrheit oder Mythos? Amazonen - so etwas kann es nicht wirklich gegeben haben. Frauen, die in der damaligen Zeit so stark waren, sich unabhängig gegen die Herrschaft des Patriarchats zu stellen? Die die Herren der Schöpfung trotz ihres "schwachen" Geschlechts erfolgreich im Kampf besiegten? Niemals! Wo kämen wir denn da hin, dachten sich viele Gelehrte, und packten die Geschichten über weibliche Kriegerinnen in die Phantasie-Sparte der Bibliotheken.
Man(n) bedenke jedoch, dass uns die Geschichte durch einzelne Unglaubwürdigkeiten etliche Rätsel aufgibt. Hätte die historische Forschung diese aber ignoriert, dann wäre auch Troja bis heute unentdeckt geblieben. Ohne dass die Amazonen imposante Bauten oder schriftliche Zeugnisse hinterlassen hätten, weisen antike SchriftstellerInnen immer wieder unverkennbar darauf hin, dass sie die sagenumwobenen Frauengestalten nicht für einen Mythos hielten. Vor etwa 3000 Jahren sollen die Amazonen ungefähr 1000 Jahre lang, zwischen 1200 und 333 vor Christus, am Fluss Thermodon im südlichen Anatolien an der Ostküste des Schwarzen Meeres oder auch in den Gebieten des Kaukasus-Gebirges bis zum Kaspischen Meer gelebt haben. Zumindest berichten die antiken Schriftsteller in dieser Zeit über ihre Lebensweise, ihre Leidenschaften und über ihre Kriege...
Was macht eine Amazone so den ganzen Tag? Die Amazonen lebten ziemlich abgeschieden und betrieben meist friedlich Ackerbau. Ihre Nahrungsmittel bauten sie selbst an und hielten ihr eigenes Vieh - schließich waren sie emanzipiert und wollten sich von keinem Kerle irgendwie reinreden lassen *g*. Auch ihre Kleidung und Waffen machten sie selbst. Die Griechen beschreiben an einigen Stellen, ihre Schwerter seien aus blauem Metall, sie hätten eine Streitaxt, einen leichten, mondförmigen Schild und Pfeil und Bogen (bestimmt benutzten sie aber nicht alles zusammen, wer kann das schon alles schleppen?). Das Gerücht, dass die Amazonen ihren Töchtern schon die rechte Brust versengten, damit sie besser Speerwerfen und Bogenschießen konnten, ist nicht eindeutig belegt. Es gibt einige Bilder, auf denen die Amazonen immer "vollständig" abgebildet sind, möglich, dass die Geschichten der amputierten Brust von dem Namen "ama zon" herrührt, der übersetzt aus dem Altgriechischen "ohne Brust" bedeutet. Natürlich züchteten sie auch Pferde - manch einer behauptet sogar, sie sollen die ersten gewesen sein, die auf Pferden ritten und so ihren Feinden überlegen waren. Die Tapferen unter ihnen übten sich auch in der Jagd und in den Kriegskünsten.
Kam bei den Amazonen noch der Klapperstorch oder wie? Ein Problem stellte sich natürlich schon in einem Leben ohne Männer. Damit die Amazonen nicht austarben, feierten sie jeweils im Frühling an den Grenzgebieten ihres Reiches rauschende Liebesfeste, zu denen sie Männer befreundeter Stämme einluden. Wurde die Frucht der Liebe dann ein Junge, wurden sie bestenfalls zu ihren Vätern zurückgeschickt. Es kam aber auch vor, dass sie die Knaben töteten oder verstümmelten, die Töchter wurden natürlich da behalten und im Stamm großgezogen.
Zu Zeiten der Herrschaft von Alexander dem Großen existierten die Großreiche der Amazonen wahrscheinlich nicht mehr, dennoch gibt es eine nette Überlieferung (Männerträume!) aus dieser Zeit. Alexander entspannte sich gerade von seinen Eroberungen, als ihn die Kunde erreichte, eine vornehme Dame wolle ihn sprechen. Erst war er nicht sonderlich interessiert, schließlich liefen ihm die Frauen scharenweise hinterher. Doch als er erfuhr, sie sei mit einem Gefolge von 300 Mädchen gekommen, wurde er dann doch neugierig. Die fremde Schönheit namens Thallestris mustert ihn von oben bis unten und sagte ihm gerade heraus, er sei doch ziemlich klein und dünn. Dennoch rückt sie ziemlich schnell damit heraus, was sie von ihm will: Eine Tochter mit den Genen des großen Heerführers. Alexander ist beeindruckt und veranstaltet eine viezehntägige Liebesorgie, an der alle Amazonen und Alexanders beste Männer teilnehmen.
Töchter des griechischen Gottes Ares und Mutter der Berber
Woher kommen sie, die Kriegerfrauen?
Es gibt anscheinend verschiedene Theorien über die Abstammung bzw. Herkunft der Amazonen. Obwohl es in den griechischen Sagen nicht gerade an Göttinnen mangelte (Artemis, Aphrodite, Hera, Athene) war der Gott der Amazonen der kriegerische Ares. Die Amazonenköniginnen bezeichneten sich als seine direkten Nachkommen. Die Griechen dagegen erzählen, dass die Kriegerinnen als eigenes Volk von einem Reitervolk aus der Gegend der heutigen Ukraine, den Skythen, abstammen. Ob die Amazonen Lybiens ebenfalls Nachkommen der Skythen sind, oder woher sie sonst stammen, ist nicht gewiss. Die Skythen nannten die Amazonen "Oiorpata", was soviel wie "Männermörder" bedeutet. Ganz schön hart waren die Schwestern, sie standen mit den Griechen ständig auf Kriegsfuß und kämpften.....an der Seite der Trojaner gegen Athen
Nahezu unglaublich, dass eine Frau, das "zarte Geschlecht", einen muskelbepackten Mann im offenen Kampf besiegen kann. Mit dem Gewehr ist das keine Kunst, aber im Schwertkampf oder mit der Lanze? Bedenken wir aber, das Kriegskunst ja viel mehr bedeutet, als der reine Einsatz von Körperkraft, ist es durchaus möglich, dass ein Frauenheer so erfolgreich sein konnte wie die Amazonen. Und was schließen wir daraus? Offensichtlich waren sie nicht körperlich unterlegen, und außerdem anscheinend auch noch viel fitter als die Kerle, was ihren Mut, ihre Entschlossenheit, Übung, Schnelligkeit und ihre Kriegsstrategie anging - weibliche Intelligenz eben!
In ihrer Schlacht gegen Troja wurden die Amazonen von der schönen Penthesilea angeführt. Gerade war Trojas stärkster Kämpfer Hektor von Achilles getötet worden und die Trojaner hockten schon total eingeschüchtert hinter ihren Mauern. Da ließ die Amazonenprinzessin Penthesilea einen Hoffnungsschimmer auf ihren Gesichtern aufflackern, als sie mit ihren zwölf Gefährtinnen in schimmernder Rüstung und schwer bewaffnet auftauchte, um den Trojanern zu Hilfe zu eilen. Die Griechen erlitten herbe Verluste, aber nach und nach fiel auch eine Amazone nach der anderen. Penthesilea kämpfte wie eine Löwin, denn sie wollte Achilles finden, um den Tod Hektors zu rächen. Sie entdeckte ihn auch und griff ihn an, doch ihre Speere prallten von seinen Schilden ab. Er machte ihrem Leben ein Ende, indem er ihre rechte Brust mit einem Speer durchbohrte. Dennoch genießt die tapfere Amazonenprinzessin bis heute die Bewunderung der Griechen und wurde sehr berühmt.
Die Berber
Es gibt eine nicht unbegründete Vermutung, dass die lybischen Amazonen, also die, die in Nordafrika lebten, die Vorfahren der heutigen Berbervölker sind, die heute zum Beispiel noch in Marokko leben. In ihrer eigenen Sprache heißen die Berber zum Beispiel "Amazigh", was ja schonmal ziemlich ähnlich klingt wie "Amazone". Noch viel bemerkenswerter finde ich, dass die Frau bei den Berbern eine hervorragende Stellung hatte. Natürlich kommt es in diesem Punkt auch drauf an, inwieweit die Berbervölker von den Arabern beeinflusst wurden. In den letzten 1300 Jahren wurden die Berbervölker immer wieder von den Arabern bedroht und erobert. Unter der Berberführerin Kahina leisteten sie jedoch sehr erfolgreich Widerstand und schlugen die Araber sogar zurück, doch am Ende wurde Kahina dann trotzdem besiegt. Kahina lebte genauso wie eine Amazone - ein Hinweis darauf, dass in Berberadern Amazonenblut fließt. Nicht zu vergessen, dass es Berberburgen gibt, die erstaunliche Ähnlichkeit mit der Amazonenfestung Themskyra hat, die oft auf griechischen Vasen abgebildet wurde. Was auch noch interessant ist: Bei den Berbern können zumeist nur die Frauen lesen und schreiben, sie beherrschen sogar ein spezielles Alphabet namens Tifinagh, das auf die altlybische Schrift zurückgeht und sonst niemand kennt. Cool, oder? Mal eine andere Geschichte als immer nur zu hören, früher sei Bildung nur den Männern zugänglich gewesen.
Woher der Amazonas seinen Namen hat
Indianische Amazonen
Auch in Amerika soll es unabhängige Frauenkulturen gegeben haben. Schon Columbus berichtet von indianischen Arawak-Frauen, die sich ihm auf den Antillen, besonders auf der Insel Santa Cruz zusammen mit ihren Männern im Kampf entgegengestellt haben.
Die Begegnung mit Frauenstämmen, die gänzlich ohne jeden Einfluss von Männern lebten, blieb den Spaniern aber auch nicht erspart. Nachdem sie das Inka-Reich in Peru zerstört und die indianischen Anden-Völker brutal unterworfen hatten, hatten sie den Hals immer noch nicht voll. Sie lechzten danach, weitere Schätze in dem "Goldland" zu finden und zogen deshalb nach Osten, um den großen, sagenhafen Strom zu erforschen, von dem sie von den Indianern gehört hatten. Der Typ, der den Amazonas entdeckte, war ein Offizier namens Orellana, nach dem der Fluss eigentlich benannt werden sollte. Orellana stieß an dem Fluss jedoch auf seltsame Siedlungen, deren BewohnerInnen ihm berichteten, sie seien alle Untertanen der Herrin der Amazonen, die die Gebiete nördlich des Amazonas beherrschte. Die Spanier begegneten den Kriegerinnen auch persönlich und beschrieben sie als unerbittliche, hochgewachsene Kämpferinnen, muskelbepackt und splitternackt mit weiß bemalter Haut und geflochtenen schwarzen Haaren, die sie wie einen Turban um den Kopf trugen.
Ein Indianer, den die Spanier in Kriegsgefangenschaft hielten, erzählte von der Amazonenkönigin, die mit ihrer Gefolgschaft in ihrem Reich sieben Tagesreisen nördlich vom Strom ganz ohne Männer lebte. Ihre Siedlungen seien Städte aus Stein mit Toren und Straßen und ihre Kinder bekämen sie, indem sie fremde Stämme eroberten, deren Männer mitnahmen und diese, sobald sie schwanger waren, mit Geschenken nach Hause schickten. Die Jungs wurden getötet, auch Abtreibung gehörte zur normalen Geburtenregelung, damit nie mehr Kinder in einem Stamm geboren wurden, als er verkraften konnte.
Interessant ist, dass zu der Zeit zwischen matriarchalen Indianerstämmen keine Kriege im wörtlichen Sinne geführt wurden, sondern eher eine Fehde, ein Ritual zwischen zwei Stämmen stattfand, zu dem die Frauen jeweils ihr Einverständnis geben mussten. Erst unter der patriarchalen Männerherrschaft wurden diese Fehden zu kriegerischen Kämpfen.
Jedenfalls waren die Spanier von diesen Frauen dermaßen beeindruckt, dass sie ihnen die Ehre erwiesen, den großartigen Strom, den sie entdeckt hatten, nach ihnen zu benennen "Fluss der Amazonen" (Rio las Amazonas).
Warum haben sich solche Gesellschaften entwickelt?
Archäologische Funde und ethnologische Berichte weisen darauf hin, dass die Amazonen ursprünglich Frauen der Arawak-Indianer waren, ein Volk, das seine Reiche auf dem Hintergrund einer sehr alten matriarchalen Kultur aufbaute. Aber warum sonderten sich einige Frauen ab und gründeten reine Frauenstämme? Eine Sage erzählt, dass einst alle Frauen eines Stammes einen Geheimbund des Jaguars gegen ihre Ehemänner gründeten, die sie tagtäglich tyrannisierten und demütigten. Weil die Männer davon Wind bekommen hatten und ihren heiligen Jaguar vor den Augen der Frauen getötet hatten, vergifteten die Frauen ihre Männer und zogen in ein fernes Land. Die Freunde der Ehemanner, von denen sie verfolgt wurden, konnten sie erfolgreich durch Pfeil und Bogen besiegen. In ihrem Reich sollen die geichen sozialen Gesetze gegolten haben wie die, die die Expeditionsforscher über die Amazonen herausfanden. Wahrscheinlich sind die "Ehemänner" aus dieser Sage Männer anderer Indianerstämme gewesen, die die Arawak geraubt haben. Die Arawakfrauen selber besaßen durch ihre matriarchale Herkunft zum Glück noch genug Mumm, um sich den Zwängen ihrer Eroberer zu entziehen.
Sicher können wir uns in Punkto Durchsetzungsvermögen oft eine Scheibe von den Amazonen abschneiden - aber zu dick darf sie nicht sein: Wir wollen ja nicht, dass sich die süßen Herren der Schöpfung unterdrückt und nutzlos vorkommen, nicht wahr? Außerdem: Ein bisschen Spass muss sein, und da sollten die Jungs nicht fehlen!
Sie erscheinen uns als kurvige Verführerinnen der Airbrush-Kunst, finden in den Verfilmungen griechischer Sagen höchstens Erwähnung als Mythos, dienen als Sinnbild verführerischer Frauen ... keine Frage, die Amazonen sind auch in unserer Gesellschaft ein Begriff, es gibt kaum jemanden, der das Wort „Amazone“ nicht kennt – und doch ist es heute fast zu einem Wort geworden, welches lediglich bestimmte Eigenschaften einer Frau – wie erotisch und sexy oder in anderen Fällen männlich, stark oder feministisch kennzeichnet.
Dabei gibt es so viel mehr über die Amazonen zu erfahren, wenn man sich etwas tiefer mit ihnen beschäftigt – mitunter ein Grund, der mich dazu veranlasste, die Amazonen in meinen Romanen in einen historischen Kontext zu setzen und sie als Volk an den Ereignissen der Geschichtsschreibung teilhaben zu lassen.
So waren es die Gelehrten des antiken Griechenlandes, welche die Amazonen in ihren Geschichten beschrieben – Geschichten, die sich bis nach Ägypten ausweiteten. Zwar wurde die Richtigkeit einiger Geschichten auch von antiken Griechen infrage gestellt, jedoch nicht die Existenz des Frauenvolkes an sich. Die äußerliche Erscheinung der Amazonendarstellungen variiert im Laufe der griechischen Geschichtsschreibung. Einmal erscheinen sie uns wohlgerüstet mit griechischen Helmen, Harnischen und Beinschienen, auf anderen Darstellungen tragen sie eine spitze Lederkappe, aus denen ihr Haar als Pferdeschwanz herausschaut (solche Kopfbedeckungen finden sich z. B. in der minoischen Kultur). In späteren Darstellungen überwiegt eine Art Hosenanzug mit einer Tiara, eine Darstellung, welche den Steppen- und Nomadenvölkern abgeschaut wurde. Als die Griechen begannen, die weitläufigen Geschichten um die Amazonen niederzuschreiben, waren diese jedoch längst zu einem Teil der Vergangenheit geworden. Allerdings gingen die Griechen bei ihrer Geschichtsschreibung von kulturellen Dingen aus, welche ihnen geläufig waren. So tragen die Amazonendarstellungen jeweils die Trachten der im antiken Griechenland bekannten Kulturen und ebenso kann man davon ausgehen, dass die Vergleiche, mit denen sie als Töchter des griechischen Kriegsgottes Ares oder als Gefährtinnen der Artemis eben antiken griechischem Verständnis entsprungen sein dürften und nicht im Kontext ihrer eigentlichen Zeit beschrieben wurden, die bereits Jahrhunderte zurück lag. Gerade das antike Griechenland gilt als Musterbeispiel des Patriarchats, also einer von Männern dominierten Gesellschaft. So wurde das Männliche als das von der Natur aus Führende betrachtet und das Weibliche als das von der Konvention aus Dienende. Dem Weiblichen wurde nach antikem griechischen Verständnis das verstandesmäßig Vorausschauende aberkannt – klar übersetzt: die Fähigkeit zur Selbsterhaltung ohne männliche Führung. Ein Volk wie die Amazonen, welches ohne Männer lebte, ... wie hätten die Griechen es sich erklären sollen, ohne es eben mannsgleich oder männerhassend darzustellen, dabei jedoch als mutige und als würdige Gegner. Dies sind Attribute, welchen die Griechen dem Weiblichen von Natur aus absprachen. Ein Frauenvolk wie die Amazonen konnte von den Griechen nur als durch und durch männlich beschrieben werden, so wie z. B. Homer in der Ilias von seiner Begegnung mit den Amazonen spricht: „ ... Jenes Tags, da mit männlicher Kraft Amazonen sich nahten ... „ Mit diesem einen Satz wird bereits deutlich, wie wichtig für die Griechen die Vermännlichung der Amazonen war, um sie in ihre Erzählungen einfließen zu lassen. Denn alles andere hätte für die antiken Griechen nur eines bedeutet: Ihre Gelehrten haben Unrecht und Frauen haben doch einen vorausschauenden Verstand, der keinerlei männlicher Führung bedarf. Kurz gesagt – um ihre Weltsicht nicht berichtigen zu müssen, mussten die Amazonen männlich werden.
Nach diesen Ausführungen muss man sich vor allem eines fragen: Darf man sich bei den Beschreibungen der Amazonen als Volk allein auf die antike griechische Geschichtsschreibung verlassen? Meines Erachtens – absolut Nein! Bei meinen Recherchen für meinen Amazonenroman fand ich dann auch endlich, wonach ich suchte. Die Forschungsarbeiten des Archäologen Gerhard Pöllauer, der sich seit zwanzig Jahren mit Matriarchatsforschung und Amazonenforschung beschäftigt. Hier fand ich ein anderes Bild der Amazonen, ein weiblicheres und doch kriegerisches. So hat der Archäologe sich u. a. die legendere (und auch von griechischer Geschichtsschreibung bestätigte) Heimat der Amazonen am Thermodon (heute: Therme Cay) in seinen Forschungsreisen genauer angeschaut und Erstaunliches entdeckt. Neben weiblichen Idolen alter hochentwickelter Kulturen, die auf Matriarchate hinwiesen, stieß er auf stilisierte vulvaförmige Höhleneingänge und die Ruinen einer Festung (Karpu Kale), und im von antiker Geschichtsschreibung vermuteten Gebiet der Amazonenhauptstadt Themiskyra befindet sich ein künstlich angelegter Hügel, auf dem wahrscheinlich einmal eine Festungsanlage gestanden haben muss. Auch das Gebiet um den Thermodon spricht dafür, dass sich hier neben den aufstrebenden Patriarchaten noch längere Zeit eine Frauengemeinschaft hätte zurückziehen können, denn das Thermodon-Gebiet ist von Gebirgszügen, dem Schwarzen Meer und Flüssen eingeschlossen. Auch Ägyptens lange Geschichte, in welcher sich die Kultur relativ ungestört von Fremdeinflüssen hatte entwickeln können, basiert auf einer strategisch günstigen Lage. Noch heute findet man im Thermodon-Gebiet freilaufende Pferde und die heilige Insel Aretias (heute Giresun Adasi), auf welcher die Amazonen einst Pferde geopfert haben sollen, ist noch heute Kultort von Veranstaltungen, bei denen Frauen eine wichtige Rolle spielen.
All jene Eindrücke, welche ich bis hierhin von den Amazonen gewann, zeichnen ein anderes Bild des Frauenvolkes, als jenes der griechischen Kriegerinnen, welches mich auch dazu veranlasste, den Amazonen in meinen Romanen den Namen „Volk der Großen Mutter“ zu geben. Trotzdem musste ich jenes „Volk der Großen Mutter“ noch in einen historischen sowie in den Sagenkontext der griechischen Antike einbauen, denn auch Troja, lange Zeit als Mythos behandelt, als sagenhafte Stadt homerischer Dichtung, hat sich letztendlich als Tatsache herausgestellt. Fragen, wie „Wie kam es dazu, dass die Griechen die Amazonen als Töchter des Ares ansahen“, „Warum wandten sich die Amazonen von den Männern ab und beschlossen ohne sie, als Frauengemeinschaft zu leben“, „Wie regelten sie ihre Fortpflanzung“ „Warum zogen die Amazonen in den Trojanischen Krieg“ wurden beim Schreiben des Romans für mich nicht mehr nur zu hypothetischen Fragen – vielmehr mussten sie im Kontext der Geschichte und der Geschichtsschreibung logisch beantwortet und erklärt werden. Geschichtliche Daten, griechische Sagen und die eigene Fantasie zu einem historischen Roman zu verweben, war hierbei die größte Herausforderung und je weiter ich mich mit ihm beschäftigte, desto mehr wurde dieses Frauenvolk für mich vorstellbar – als ein Volk mit Werten, Wünschen und Gefühlen – jenseits der geläufigen griechischen Sagen und jenseits moderner Serienklischees. Sieht man einmal von der antiken griechischen Vermännlichung jenes Volkes ab, von modernen geläufigen Vorstellungen, welche sich in unseren Köpfen festgesetzt haben, stellt sich meines Erachtens weniger die Frage, ob wir suchen sollten, sondern wonach wir suchen sollen. Eine treffende Aussage, welche mir aus der Seele spricht, hat der Archäologe Gerhard Pöllauer angeführt: Tatsache ist, dass es eine Vielzahl an ungelösten Rätseln der Geschichte gibt, die aufgrund einiger unglaubwürdiger Aspekte - für Menschen unserer Zeit - als reine Erfindung angesehen werden. Zumeist werden diese »unglaubhaften« Geschichten von der wissenschaftlichen Forschung außer acht gelassen. Hätte immer eine solche Haltung vorgeherrscht, Troja würde noch nicht entdeckt sein, und auch Knossos würde noch unter der Erde verborgen sein.
Birgit Fiolka Amazonentochter, ISBN 978-3-404-15857-7, Lübbe
[ Editiert von Administrator Linoma am 28.04.10 11:40 ]
Die Ilias des Homer stammt aus dem 8.Jahrhundert v.Chr. und ist somit das älteste europäische Schriftwerk. Sie berichtet uns von den Kämpfen zwischen Griechen und Trojanern vor der Stadt Troja. Im letzten Jahrhundert gelang es Heinrich Schliemann, zu beweisen, dass diese Stadt wirklich existierte hatte, als er die Ruinen und Schätze dieser Stadt entdeckte. Vor ihm galten die Geschichten um Troja als erfundene Legende! So ist es auch von großer Bedeutung, dass Amazonen bereits in dieser ersten Literaturquelle erwähnt sind! Buch III, 184 - 190 Priamos, der König von Troja, erinnert sich an eine Begegnung mit Amazonen, als er jung war. Einstens kam ich sogar in Phrygiens Rebengefilde, Wo ich rossetummelnde Phryger in Massen erblickte, Otreus' Volk und das Heer des götterähnlichen Mygdon, Die sich am Ufer des Flusses Sangarios damals gelagert; Wurde doch ich als Bundesgenoß zu ihnen gerechnet Jenes Tags, da mit männlicher Kraft Amazonen sich nahten. Doch so zahlreich waren sie nicht wie die stolzen Achaier!
VI, 186 Glaukos, der Führer der Lykier, erzählt von den Daten des Helden Bellerophon in Lykien, im heutigen Südwesten der Türkei. Drittens erschlug er die männerähnliche Schar Amazonen.
Herodot Der große griechische Historiker lebte im 5. Jahrhundert v. Chr. und wurde von Cicero als 'Vater der Geschichtsschreibung' bezeichnet. Hier wird offensichtlich, wie hochgeschätzt Herodot in der Antike war. In seinem Geschichtswerk berichtet er über das Schicksal der Amazonen, nachdem sie von den Griechen besiegt worden waren. Buch IV, 110-117 Über die Herkunft des Volkes der Sauromaten 110: Über die Sauromaten wird folgendes berichtet: Als die Griechen mit den Amazonen Krieg führten - bei den Skythen heißen die Amazonen Oiorpata; dieser Name bedeutet in griechischer Sprache "Männertöter"; Oior heißt Mann, pata heißt töten -, fuhren die Griechen, so erzählt man, nach ihrem Siege in der Schlacht am Thermodon auf ihren Schiffen davon und nahmen auf drei Schiffen alle Amazonen mit sich, die sie hatten fangen können. Auf offener See aber griffen die Amazonen die Männer an und machten sie alle nieder. Nun kannten aber die Amazonen keine Schiffe und wußten mit Steuer und Segeln oder Rudern nicht umzugehen. So fuhren sie also nach der Ermordung der Männer dahin, wie Wind und Wogen sie trieben. Endlich kamen sie nach Kremnoi am Maietissee. Kremnoi gehört zum Gebiet der sogenannten freien Skythen. Dort verließen die Amazonen ihre Fahrzeuge und wanderten in bewohntes Gebiet. Als sie auf die erste Pferdeherde stießen, raubten sie die Reittiere und plünderten nun zu Pferd das Skythenland. 111: Die Skythen wußten nicht, wie ihnen geschah. Sie kannten weder Sprache noch Kleidung noch das Volk. Erstaunt, woher sie wohl gekommen seien, hielten sie sie für junge Männer und lieferten ihnen eine Schlacht. Dabei fielen ihnen die Toten in die Hände; und nun sahen sie, dass es Frauen waren. Sie hielten Rat und beschlossen, auf keinen Fall die Frauen mehr zu töten, sondern ihre jüngsten Krieger gegen sie zu schicken, ungefähr ebenso viele, wie sie Amazonen schätzten. Diese sollten sich in der Nähe von ihnen lagern und tun, was jene täten. Wenn die Amazonen sie verfolgten, sollten sie nicht kämpfen, sondern fliehen. Wenn sie mit der Verfolgung aufhörten, sollten sie sich ihnen wieder nähern und von neuem ein Lager aufschlagen. Die Skythen hatten dabei die Absicht, Kinder von ihnen zu bekommen. 112: Die abgeordneten Jünglinge taten, was man sie geheißen hatte. Als die Amazonen merkten, dass sie nicht in feindlicher Absicht kamen, kümmerten sie sich nicht um sie. Von Tag zu Tag rückten die beiden Lager einander näher. Wie die Amazonen hatten auch die Jünglinge nichts weiter als Waffen und Pferde bei sich und lebten nicht anders als jene: von der Jagd und vom Raub. 113: Nun pflegten sich die Amazonen um die Mittagszeit allein oder zu zweit zu entfernen; sie zerstreuten sich weiter voneinander, um ihre Notdurft zu verrichten. Als die Skythen das merkten, taten sie das gleiche. Da näherte sich mancher von ihnen einer Amazone, die allein war. Sie stieß ihn nicht von sich, sondern erwies sich ihm willig. Sprechen konnte sie zwar nicht mit ihm, denn sie verstanden einander nicht; aber durch Zeichen gab sie zu verstehen, er solle am nächsten Tag an den gleichen Platz kommen und einen Kameraden mitbringen. Sie deutete durch Zeichen an, dass es zwei sein sollten, sie würde auch noch eine andere mitbringen. Als der Jüngling ins Lager zurückkehrte, erzählte er es den anderen. Am nächsten Tag ging er an die gleiche Stelle und nahm einen Freund mit. Da fand er die Amazone mit einer anderen wartend. Als die übrigen Jünglinge dies erfuhren, machten sie sich die anderen Amazonen gefügig. 114: Nun vereinigten sie die beiden Lager und lebten gemeinsam. Jeder nahm die zur Frau, mit der er zuerst zusammengekommen war. Die Männer konnten die Sprache der Frauen nicht verstehen, aber die Frauen verstanden bald die der Männer. Als sie einander verstehen konnten, sagten die Männer zu den Amazonen: "Wir haben Eltern und auch Besitz. Wir wollen nicht so weiterleben wie bisher. Kommt, wir wollen zu unserem Volk zurückkehren und dort bleiben. Wir werden euch zu Frauen nehmen und keine andern." Da erwiderten die Amazonen: "Mit euren Frauen können wir nicht zusammenleben; denn wir haben nicht die gleichen Sitten wie sie. Wir schießen mit Pfeilen und Speeren und leben auf dem Pferd; Frauenarbeit haben wir nicht gelernt. Eure Frauen hingegen tun nichts von dem, was wir aufzählten, sondern leisten Frauenarbeit, bleiben auf den Wagen, gehen weder auf die Jagd noch anderswohin. Wir werden uns also kaum mit ihnen vertragen können. Wenn ihr uns aber zur Ehe haben und rechtliche Männer sein wollt, dann geht zu euren Eltern und holt euch euer Erbe! Dann werden wir losziehen und für uns allein leben." 115: Die Jünglinge gehorchten und taten, was jene gesagt. Als sie ihren Anteil von dem väterlichen Besitz erhalten und zu den Amazonen zurückgekehrt waren, sagten die Frauen zu ihnen: "Furcht und Schrecken erfaßt uns, wie wir in diesem Land bleiben sollen. Wir haben euch eurer Väter beraubt und dazu noch eurem Land viel Schaden zugefügt. Da ihr uns aber zur Ehe haben wollt, laßt uns also miteinander auswandern, den Tanais überschreiten und dort wohnen." 116: Auch darin gehorchten ihnen die Jünglinge, überschritten den Tanais und wanderten drei Tagesreisen vom Tanais aus nach Osten weiter, darauf drei Tagesreisen vom Maietissee aus nach Norden. Dort siedelten sie sich genau an der Stelle an, wo sie noch heute wohnen. Seitdem führen die Sauromatenfrauen die alte Lebensweise. Sie reiten zur Jagd mit oder ohne Männer, ziehen in den Krieg und tragen die gleiche Kleidung wie die Männer. 117: Die Sauromaten sprechen die skythische Sprache; doch haben sie darin seit altersher ihre Eigenheiten bewahrt, weil die Amazonen die Sprache damals nicht gut gelernt hatten. Bei ihrer Verheiratung besteht folgende Sitte: Nicht eher darf eine Jungfrau heiraten, bevor sie nicht einen Feind getötet hat. Manche werden alt und sterben, ohne sich zu vermählen, weil sie das Gesetz nicht erfüllen konnten.
Er lebte im ersten Jahrhundert vor Chr. und verbrachte einen großen Teil seines Lebens damit, eine Universalgeschichte zu verfassen. So lebte er längere Zeit in Alexandria in Ägypten, wo er die berühmteste Bibliothek der Antike für sein Werk nutzen konnte. Diese weltberühmte Bibliothek brannte wenige Jahre später völlig nieder, dabei gingen wertvollste Schriften unwiederbringlich verloren. Daher muß man die Univeralgeschichte Diodors hoch einschätzen, denn in ihr wird uns das Wissen vieler verlorengegangener antiker Schriften weitergegeben. Und glücklicherweise berichtet er über die Amazonen in großer Ausführlichkeit.
Buch II, 45,46 - Allgemeiner Bericht über die Amazonen
45: Am Fluß Thermodon wohnte ein Volk, welches von Frauen beherrscht war. Die Frauen beteiligten sich dort an den Dingen des Krieges ganz genauso wie die Männer. Eine von diesen Frauen, welche königliche Gewalt besaß, soll durch Mut und Stärke alle anderen übertroffen und ein Heer von Frauen gesammelt haben, welches sie in den Waffen übte und siegreich gegen einige Nachbarvölker kämpfen ließ. Als dann ihre Macht wie ihr Ruhm immer mehr und mehr wuchsen, überzog sie weiterhin mit ihren Heeren die Nachbarländer, und da das Glück ihr günstig war, so wurde sie mit hohem Stolz erfüllt und nannte sich selbst Tochter des Ares; den Männern wies sie das Wollspinnen zu und die Arbeiten der Frauen im Haus. Auch erließ sie Gesetze, durch welche die Frauen zu den Werken des Krieges bestimmt, die Männer aber zu Dienst und Knechtschaft erniedrigt wurden. Den neugeborenen Knaben verstümmelten sie Beine und Arme, um sie für kriegerische Dingen unfähig zu machen, den Mädchen aber brannten sie die rechte Brust weg, damit diese durch ihre spätere Erhöhung in der Blütezeit des Körpers ihnen nicht hinderlich sei, und eben aus diesem Grund habe das Volk den Namen Amazonen erhalten. Überhaupt sei diese Königin sowohl an Feldherrntüchtigkeit als auch an Einsicht ausgezeichnet gewesen und habe auch eine große Stadt gegründet an den Mündungen des Thermodon-Flusses, mit Namen Themiskyra, und dort eine weitberühmte Königsburg gebaut. Auf ihren Feldzügen wußte sie die Disziplin aufrecht zu erhalten und besiegte anfangs alle benachbarten Völker bis zum Fluss Thermodon; nachdem sie solche Taten ausgeführt hatte, soll sie in einer Schlacht ruhmvoll kämpfend den Heldentod gefunden haben.
46: Die Königswürde ging von ihr auf ihre Tochter über, und diese soll der Tapferkeit der Mutter nachgeeifert und sie durch ihre Taten im einzelnen gar noch übertroffen haben. Die Mädchen nämlich habe sie von zartester Jugend an durch die Jagd abgehärtet und täglich in den Werken des Krieges geübt; und sie hat auch große Opfer eingeführt, für Ares und Artemis, welche Tauropolos heißt. Ihr Heer führte sie dann über den Tanais und besiegte der Reihe nach alle Völker bis nach Thrakien hin. Mit viel Beute kehrte sie dann nach Hause zurück, erbaute den vorhergenannten Göttern herrliche Tempel und gewann durch milde Regierung die größte Zuneigung ihrer Untertanen. Danach soll sie auch nach der anderen Seite ausgezogen sein und sich einen großen Teil Asiens unterworfen haben, so dass sich ihre Macht bis Syrien erstreckte. Nach ihrem Tod seien immer die nächstverwandten Frauen in der Herrschaft gefolgt, hätten mit Glanz regiert und das Volk der Amazonen an Ruhm und Macht fort und fort gehoben. Viele Geschlechter später aber, als der Ruf ihrer Tapferkeit bereits über alle bewohnten Länder ringsum verbreitet war, da habe Herakles, der Sohn der Alkmene und des Zeus, von Eurystheus den Auftrag erhalten, den Gürtel der Amazone Hippolyte zu holen. Deshalb sei er ausgezogen, habe in einer großen Schlacht das Heer der Amazonen besiegt, die Hippolyte mit ihrem Gürtel gefangengenommen und endlich das Volk ganz aufgerieben. Deshalb konnten jetzt die umwohnenden Barbaren die Schwäche des Volkes verachten, erinnerten sich an die ihnen widerfahrene Schmach und bekriegten das Volk unaufhörlich, so dass zuletzt nicht einmal der Name des Amazonengeschlechtes übrigblieb. Einige Jahre nach dem Feldzug des Herakles, zur Zeit des Trojanischen Krieges, soll Penthesilea, eine Tochter des Ares und Königin der übriggebliebenen Amazonen, die zu Hause einen Mord begangen hatte, dieser Schuld wegen aus der Heimat geflohen sein und nach Hektors Tod auf Seiten der Troer gekämpft haben. Sie tötete viele Griechen, kämpfte immer ruhmvoll in der Schlacht und fand den Heldentod von der Hand des Achilles. Diese soll die letzte Amazone gewesen sein, welche sich durch ihre Tapferkeit ausgezeichnet hatte, und später sei das Volk immer tiefer und tiefer gesunken und endlich ganz machtlos geworden, weshalb man in neueren Zeiten, wenn von ihrer Tapferkeit erzählt wird, die ganze Geschichte der Amazonen für erdichtet erklärt.
Buch III, 52-55 - Geschichte der libyschen Amazonen
52: Nachdem wir die vorhergenannten Länder ausführlich genug geschildert haben, ist es wohl ganz passend, das hinzuzufügen, was über die Amazonen erzählt wird, welche vor Alters her in Libyen gewohnt haben sollen. Die meisten glauben nämlich, dass diejenigen Amazonen, welche am Fluss Thermodon in Pontos gewohnt haben sollen, die einzigen gewesen seien. In Wahrheit verhält es sich nicht so, sondern lang vor diesen hat es Amazonen in Libyen gegeben, welche ruhmwürdige Taten vollführt haben. Wir wissen freilich recht wohl, dass vielen unserer Leser die Geschichte derselben unerhört und ganz unglaublich erscheinen wird; denn weil dieses Geschlecht der Amazonen viele Geschlechter vor dem Trojanischen Krieg gelebt hat, die am Fluss Thermodon aber kurz vor diesem Ereignis geblüht haben, so ist es ganz natürlich, dass auf die Späteren und Bekannteren der Ruhm der Alten überging, deren Kunde der Länge der Zeit wegen den Meisten unzugänglich geworden sind. Wir haben jedoch viele unter den alten Dichtern und Geschichtschreibern, und selbst auch unter den späteren nicht Wenige gefunden, welche jene erwähnen, und wir wollen ihre Taten der Hauptsache nach aufzeichnen, indem wir dabei dem Dionysios folgen, welcher die Bücher über die Argonauten und den Dionysos und über viele andere in den ältesten Zeiten geschehene Dinge geschrieben hat. Es hat als in Libyen mehrere Geschlechter streitbarer Frauen gegeben, die ihrer Tapferkeit wegen höchst bewundert wurden. So wird zum Beispiel überliefert, dass das Geschlecht der Gorgonen, gegen welches Perseus zu Felde zog, sich durch Mut und Stärke auszeichnete; und wenn für den Sohn des Zeus, der doch unter den Griechen seiner Zeit der tapferste war, der Kampf gegen dieselben die größte Heldentat gewesen ist, so kann man hierin einen Beweis sehen von der außerordentlichen Macht und Stärke der genannten Frauen. Aber auch die Tapferkeit derjenigen, von welchen wir hier erzählen wollen, ist, mit der Art unserer Frauen verglichen, auffallend genug.
53: Es wird also erzählt, dass in den westlichen Teilen Libyens an der äußersten Grenze der Erde ein Volk gewohnt habe, das von Frauen beherrscht wurde und eine von der unsrigen ganz verschiedene Lebensweise führte. Es war nämlich unter ihnen Sitte, dass die Frauen die Mühsal des Krieges übernahmen und eine bestimmte Zeit lang die Feldzüge mitmachten und so lange ihre Jungfräulichkeit bewahren mußten. Waren die Jahre des Felddienstes vorbei, so pflegten sie zwar mit Männnern Umgang, um Kinder zu zeugen, aber die Staatsämter und die Besorgung aller öffentlichen Angelegenheiten behielten sie in der Hand. Die Männer aber führten, ganz wie bei uns die verheirateten Frauen, ein häusliches Leben, indem sie den Befehlen ihrer Hausgenossinnen gehorchten; an den Feldzügen jedoch nahmen sie so wenig Teil wie an den Staatsämtern, noch hatten sie sonst in den öffentlichen Dingen ein Wort mitzureden, so dass sie, durch ihren Männerwert zu Stolz entflammt, den Frauen hätten zusetzen können. Die kleinen Kinder wurden nach der Geburt den Männern übergeben, und diese zogen sie mit Milch und anderen Speisen auf, wie sie eben den Altersstufen der Kinder entsprachen. War die Geburt aber weiblich, so wurden ihr die Brüste ausgebrannt, damit sie sich zur Zeit der Blüte nicht erheben könnten; denn die vom Körper vorragenden Brüste schienen kein geringes Hindernis im Krieg zu sein, und eben weil sie derselben beraubt waren, wurden sie von den Griechen Amazonen genannt. Wie die Sage erzählt, wohnten sie auf einer Insel, die von ihrer Lage gegen Westen Hespera genannt wurde und im See Tritonis lag. Dieser aber lag ganz nahe am Ozean, der die Erde umflutet, und soll seinen Namen von einem Fluss Triton haben, der sich in denselben ergießt. Es soll dieser See aber nahe bei Äthiopien und dem Gebirge in der Nähe des Ozeans liegen, dem höchsten in jenen Gegenden, und welches in den Ozean hinaus abfällt und von den Griechen Atlas genannt wird. Die vorgenannte Insel selbst aber, - so erzählt man -, ist groß und voll fruchttragender Bäume von allerlei Art, von welchen die Einheimischen ihre Nahrung gewinnen. Auch besaß sie viel Weidevieh, Ziegen und Schafe, deren Milch und Fleisch den Besitzern zur Nahrung diente. Aus dem Getreide aber zog dies Volk keinen Nutzen, weil der Gebrauch dieser Frucht bei ihnen noch nicht entdeckt war. Die Amazonen nun, durch großen Mut und Stärke zum Krieg hingetrieben, unterwarfen zuerst die Städte der Insel, mit Ausnahme von Mene, welche für heilig gehalten und von äthiopischen Ichthyophagen bewohnt wurde. Auch sollen dort gewaltige Feuerausbrüche vorkommen und eine Menge kostbarer Steine gefunden werden, welche bei den Griechen Anthrax und Sard und Smaragd heißen. Danach bekriegten sie zahlreiche Stämme der benachbarten Libyer und Nomadenvölker, und gründeten im See Tritonis eine große Stadt, die sie nach ihrer Gestalt Chersonesos nannten.
54: Von hier aus rüsteten sie sich nun schon zu größeren Unternehmungen, denn es ergriff sie der Drang, sich große Teile der bewohnten Erde zu unterwerfen. Und zwar sollen sie zuerst gegen die Atlantier gezogen sein, das gesitteste Volk in jenen Gegenden, welches ein fruchtbares Land bewohnte und große Städte besaß. Unter ihnen soll auch die Sage verbreitet sein, dass die Götter in den Gegenden am Ozean zuerst entstanden seien, was ganz zu den Sagen der Griechen stimmt, über welche wir bald des näheren berichten werden. Die Königin der Amazonen nun, Myrina mit Namen, soll ein Heer von dreißigtausend Fußsoldaten und dreitausend Reitern aufgestellt haben; - es wurde nämlich von ihnen im Krieg mehr auf den Gebrauch der Reiterei gehalten. Als Schutzwaffen dienten ihnen die Häute großer Schlangen, - und Libyen bringt ja solche Tiere von ganz unglaublicher Größe hervor -, zur Abwehr gebrauchten sie Schwerter und Lanzen und dazu noch Bogen, mit denen sie nicht nur geradeaus nach vorne schossen, sondern sie diese auch auf der Flucht mit großer Geschicklichkeit zum Schuß rückwärts gegen den Verfolger gebrauchten. Nachdem sie also in das Land der Atlantier eingefallen waren, besiegten sie zuerst die Bewohner der Stadt Kerne in offener Feldschlacht, drangen mit den Fliehenden zugleich in die Mauern ein und bemächtigten sich so der Stadt. Um aber den Umwohnenden Furcht und Schrecken einzujagen, verfuhren sie gegen die Gefangenen mit großer Grausamkeit, schlachten die Männer ab, machten Frauen und Kinder zu Sklaven und zerstörten die Stadt. Als nun das furchtbare Schicksal der Kernäer unter ihren Stammesgenossen gekannt wurde, sollen die Atlantier, in Furcht und Schrecken gesetzt, ihre Städte durch einen Vertrag übergeben und versprochen haben, alles zu tun, was ihnen befohlen würde. Die Königin Myrina aber begegnete ihnen freundlich, schloß einen Bund mit ihnen und baute anstelle der von ihr zerstörten Stadt eine neue, welcher sie ihren eigenen Namen gab und in der sie die Kriegsgefangenen ansiedelte, und wer sonst noch von den Einheimischen wollte. Als ihr hierauf die Atlantier kostbare Geschenke brachten und in der Volksgemeinde hohe Ehren für sie beschlossen, nahm sie dies Entgegenkommen freundlich auf und verhieß, dem Volk Wohltaten erweisen zu wollen. Da nun die Einheimischen häufig von den sogenannten Gorgonen bekriegt wurden, die in ihrer Nähe wohnten und ihnen gegenüber aufsässig waren, so soll Myrina auf Bitten der Atlantier in deren Land eingefallen sein. Die Gorgonen aber leisteten Widerstand, und als es zu einer blutigen Schlacht kam, gewannen die Amazonen die Überhand, töteten sehr viele ihrer Gegnerinnen und nahmen von jenen nicht weniger als dreitausend gefangen. Die Übrigen suchten Zuflucht in einer waldbedeckten Gegend, und Myrina versuchte den Wald anzuzünden, um das ganze Volk mit Stumpf und Stiel zu vernichten; sie konnte aber das Vorhaben nicht durchführen und kehrte wieder an die Grenzen des Landes zurück.
55: Als aber die Amazonen in der Freude des Erfolges zur Nachtzeit die Wachen allzu sorglos handhabten, fielen die gefangenen Frauen mit gezückten Schwertern über sie her und töteten viele von jenen, die sich für Siegerinnen hielten; zuletzt aber, als sie von allen Seiten von der Menge umstellt waren, fielen sie sämtlich tapfer kämpfend. Myrina aber ließ die gefallenen Kampfgenossinnen auf drei Scheiterhaufen verbrennen und schüttete ihnen drei große Grabhügel auf, welche bis zum heutigen Tag Amazonenhügel genannt werden. Die Gorgonen aber, die in den folgenden Zeiten an Zahl und Macht wieder zunahmen, wurden dann von Perseus, dem Sohn des Zeus, im Kampf besiegt, und dies geschah zu der Zeit, als Medusa die Königin von ihnen war. Zuletzt aber wurden sie ebenso, wie auch das Volk der Amazonen, von Herakles gänzlich vernichtet, zur Zeit als dieser seinen Zug in die westlichen Länder unternahm und die Säulen in Libyen aufrichtete. Er glaubte nämlich, dass es schlecht zu seinem Vorsatz passe, der Wohltäter des gesamten Menschengeschlechtes zu werden, wenn er die Frauenherrschaft bei einigen Völkern bestehen lasse. Der See Tritonis aber soll in Folge eines Erdbebens verschwunden sein, indem die an den Ozean stoßenden Ufer desselben auseinander gerissen wurden. Myrina indes soll den größten Teil Libyens durchzogen haben und in Ägypten mit Horos, dem Sohn der Isis, welcher damals als König über das Land herrschte, ein Freundschaftsbündnis geschlossen haben. Danach führte sie Krieg gegen die Araber, tötete viele derselben und unterwarf Syrien. Als aber die Kilikier ihr mit Geschenken entgegenkamen und alles zu tun versprachen, was sie befehlen werde, so ließ sie diejenigen frei und unabhängig, die aus eigenem Antrieb sich ihr ergeben hatten, und daher soll es kommen, dass dieselben bis auf den heutigen Tag die freien Kilikier heißen. Danach bekriegte sie die Völker am Taurosgebirge, die durch kriegerischen Mut ausgezeichnet waren, und durchzog Groß-Phrygien bis zum Meer hinab. Als sie dann noch die Länder an der Meeresküste nacheinander gewonnen hatte, machte sie den Kaikos-Fluss zur Grenze ihres Kriegszuges. In dem durch Kampf gewonnenen Land aber suchte sie diejenigen Plätze aus, welche sich zum Anlegen neuer Städte eignete, und erbaute deren mehrere. Einer dieser benannte sie mit ihrem eigenen Namen, die anderen aber nach ihren obersten Befehlshaberinnen: Kyme, Pitane, Priene. Doch sind dies nur diejenigen, die sie an der Meeresküste erbaute; noch andere mehr aber gründete sie in den Landschaften, welche sich gegen das Binnenland hinziehen. Auch einige der Inseln hatte sie in ihre Gewalt gebracht, insbesondere Lesbos, auf der sie die Stadt Mitylene gründete und nach ihrer Schwester benannte, die an dem Kriegszug teilgenommen hatte. Als sie danach auch die anderen Inseln zu unterwerfen in Begriff war, geriet sie in einen Sturm und, nachdem sie der Göttermutter ihrer Rettung wegen ein Gelübde ablegt hatte, wurde an eine der menschenleeren Inseln verschlagen. Nach einer Erscheinung, die ihr im Traum erschien, weihte sie dieselbe der vorgenannten Göttin, errichtete jener Altäre und brachte ihr herrliche Opfer. Die Insel aber nannte sie Samothrake, was, in griechische Sprache übersetzt, heilige Insel bedeutet. Hingegen berichten einige Geschichtschreiber, dass die Insel, welche bis dahin Samos hieß, nach den Thrakiern, die sich zu einer gewissen Zeit dort ansiedelten, Samothrake genannt worden sei. Die Sage aber erzählt, dass, nachdem die Amazonen auf das Festland zurückgekehrt waren, die Göttermutter, die an der Insel Gefallen fand, nebst mehreren anderen auch ihre eigenen Söhne, die sogenannten Korybanten - wer aber ihr Vater ist, wird bei den heiligen Weihen nur als Geheimnis mitgeteilt - dort ansiedelte und die Mysterien einführte, welche auch jetzt noch dort gefeiert werden, und das heilige Gebiet zu einer Kultstättte machte. Um dieselbe Zeit nun soll der Thraker Mopsos, der vor dem Thrakerkönig Lykurgos flüchtete, mit einem Heer Vertriebener in das Land der Amazonen eingefallen sein. Auch der Skythe Sipylos, welcher aus dem an Thrakien angrenzenden Skythien gleichfalls vertrieben worden war, hatte sich dem Zug des Mopsos angeschlossen. Als es nun zur Schlacht kam, siegte das Heer des Mopsos und des Sipylos; Myrina aber, die Königin der Amazonen, wurde getötet und mit ihr die meisten anderen. Als dann auch weiterhin die Thrakier in den Schlachten immer siegreich waren, sollen die übriggebliebenen Amazonen zuletzt wieder nach Libyen zurückgekehrt sein. Solchen Ausgang nahm der Kriegszug, welchen der Sage nach die Amazonen aus Libyen unternommen haben.
Buch IV, 16 - Herakles und die Amazonen
16: Als Herakles den Auftrag erhalten hatte, den Gürtel der Amazone Hippolyte zu holen, unternahm er seinen Feldzug gegen die Amazonen. Er segelte in das Meer, welches nach ihm Pontos Euxeinos benannt wurde, fuhr in die Mündung des Thermodon-Flusses, fuhr stromaufwärts und schlug ein Lager in der Nähe der Stadt Themiskyra auf, in welcher die Königsburg der Amazonen stand. Fürs erste nun verlangte er von ihnen nur den Gürtel, wie es sein Auftrag war; als sie aber nicht auf ihn hörten, lieferte er ihnen eine Schlacht. Die große Menge der Amazonen nun wurde den Soldaten des Herakles entgegengestellt, die berühmtesten aber stellten sich dem Herakles selbst gegenüber, und es begann nun ein heißer Kampf. Zuerst kämpfte mit ihm Aella, welche diesen Namen wegen ihrer Schnelligkeit erhalten hatte, aber sie fand in ihrem Gegner einen noch schnelleren. Die zweite, Philippis mit Namen, erhielt sogleich beim ersten Zusammenstoß eine tödliche Wunde und fiel. Danach kämpfte Herakles gegen Prothoe, von der man sagt, dass sie sieben Gegner getötet habe, welche sie zum Zweikampf herausgefordert hatte. Als auch diese gefallen war, besiegte er im Gefecht als vierte die Eriboia, die sich ihrer im Krieg bewiesenen Tapferkeit wegen rühmte, keines Helfers zu bedürfen. Das aber zeigte sich hier als eitle Prahlerei, als sie einem noch besseren gegenüberstand. Danach kamen Kelaino, Eurybia, und Phoibe, Jagdgenossinnen der Artemis, deren Pfeil sonst immer traf, diesmal aber das Ziel verfehlte; sie wurden alle von ihm niedergehauen, als sie sich gegenseitig mit ihren Schilden zu decken suchten. Nach diesen überwand er noch die Deianeira und Asteria und Marpe, die Tekmessa und Alkippe. Diese hatte geschworen, ihr ganzes Leben hindurch Jungfrau zu bleiben; ihren Schwur zwar hielt sie, das Leben aber behielt sie nicht. Melanippe aber, die Befehlshaberin der Amazonen, die ihrer Tapferkeit wegen zumeist bewundert wurde, verlor hier den Oberbefehl. Nachdem Herakles so die ausgezeichnetsten unter den Amazonen getötet hatte, trieb er die übrige Menge in die Flucht und tötete die meisten davon, so dass das ganze Volk völlig aufgerieben wurde. Von den Kriegsgefangenen schenkte es die Antiope dem Theseus, der Melanippe aber gab er die Freiheit und nahm als Lösegeld ihren Gürtel.
Buch IV, 28 - Theseus und die Amazonen - die Belagerung von Athen durch Amazonen
28: Zur Zeit, als Herakles mit diesen Dingen beschäftigt war, so wird erzählt, sammelten sich die Amazonen vom Fluss Thermodon, welche noch übriggeblieben waren, um gemeinsam gegen Griechenland zu ziehen und die Schmach zu rächen, die Herakles durch seinen Feldzug ihnen angetan hatte. Ihr größter Hass aber traf die Athener, weil Theseus die Anführerin der Amazonen, die Antiope, oder, wie andere schreiben, Hippolyte, zur Sklavin gemacht hatte. Da auch die Skythen sich den Amazonen anschlossen, so kam eine ansehnliche Streitmacht zusammen, mit welcher die Anführerinnen der Amazonen den Kimmerischen Bosporus überschritten und durch Thrakien zogen. Zuletzt, als sie schon einen beträchtlichen Teil Europas heimgesucht hatten, kamen sie nach Attika und lagerten dort, wo jetzt das nach ihnen benannte Amazoneion ist. Theseus, welche von dem Herankommen der Amazonen gehört hatte, rückte mit der Streitmacht seiner Bürger heran, und ihn begleitete auch die Amazone Antiope, mit welcher er einen Sohn, den Hippolytos, gezeugt hatte. Er begann die Schlacht gegen die Amazonen, und da die größte Tapferkeit auf Seiten der Athener war, so siegten die Kämpfer des Theseus und töteten teils die Amazonen, teils verjagten sie sie aus Attika. Aber auch die Antiope, die an der Seite ihres Mannes Theseus gekämpft hatte und im Kampf sich rühmlich ausgezeichnet hatte, fand den Heldentod. Die übriggebliebenen Amazonen kehrten nicht in ihre Heimat zurück, sie gingen mit den Skythen nach Skythien und siedelten sich unter ihnen an. - Wir aber, nachdem wir ausführlich genug über sie gesprochen haben, kehren zu den Taten des Herakles zurück.