Als Druidin des britischstämmigen OBOD ist es mir natürlich ein Herzensanliegen, diesen spirituellen Weg einmal genauer vorzustellen. In unseren Breiten mag es noch gar nicht so bekannt sein, im englischsprachigen Raum hingegen ist das Druidentum eine stetig wachsende, spirituelle Gemeinschaft.
Wir kennen sie vielleicht aus den Nachrichtensendungen, wenn über die weiß gewandeten Personen welche in Stonehenge Sonnenwenden feiern berichtet wird. Auch Comicoberdruide Miraculix mit seiner goldenen Sichel wird dem ein oder anderen zum Thema in den Sinn kommen. Aber was bedeutet gelebtes Druidentum wirklich? Was steckt hinter dieser uralten Tradition und wer kann diesen Weg gehen?
Das Druidentum, eine Lebensphilosophie
Allem voran ist das moderne Druidentum keine Religion in dem Sinne, sondern eine spirituelle Philosophie. Ähnlich dem asiatischen Zenbuddhismus spielt es dabei keine Rolle, ob man christlich, heidnisch oder anderen Glaubensrichtung angehörig ist. Es vereint einen naturreligiösen Ansatz mit den spirituellen Zielen und dem Wissen der keltischen Kultur. Wenn man bedenkt, das geschätzte 200 Mio. Menschen keltische Gene in sich tragen, verwundert es kaum, dass so viele Menschen an der Schwelle des Wassermannzeitalters den Ruf ihrer Ahnen wieder vernehmen. Doch wie kam es zur Wiederbelebung der alten, druidischen Traditionen?
Die Entstehung des modernen Druidentums
So richtig „weg“ war das Druidentum auch über die christlichen Jahrhunderte nie. Gerade in Gegenden der friedlichen Christianisierung, wie z.B. Irland, ging druidisches Wissen nahtlos in Kirchentraditionen ein. Man ergänzte sich gegenseitig, was zu einer stark naturspirituellen Ausrichtung und friedlichen Geisteshaltung des dortigen Christentums führte.
Das Druidentum lebte in England am Ende des 17.Jh wieder auf. Der „Mount Haemus Grove“ wurde 1694 durch des Historiker und Gelehrten William Stukeley gegründet, kurz darauf wurde die Londoner Druidenbewegung ins Leben gerufen. Im Jahre 1792 kam es dann zur ersten britischen Bardenversammlung in London.
Schon 1781 war der noch deutlich freimaurerisch geprägte „Ancient Order of Druids“ gegründet worden. Sein berühmtestes Mitglied war übrigens Winston Churchill. Aus diesem Orden gingen zwei weitere, ebenfalls bis heute aktive Orden hervor: der „United Order of Druids“ welcher vor allem in den USA und Australien verbreitet ist und der weltumspannende „Order of Bard, Ovates and Druids“ welcher 1964 von Ross Nichols gegründet wurde. Das „Keltische Tierorakel“ und andere Veröffentlichungen seines aktuellen Leiters Philip Carr-Gomm sind vielen sicher ein Begriff.
Lebenslanges Lernen – die drei Grade
Wurde ein Druide in alter Zeit 19 Jahre lang ausgebildet, so hat sich dies heute grundlegend geändert. Die Druiden der alten Zeit waren nicht nur spirituell, sondern auch als Richter und in der Politik tätig. Viele Dinge, die wir heute in der Schule lernen (z.B. in den Fächern Sozialkunde, Geographie, Deutsch, Geschichte, Ethik usw.) sind also schon abgearbeitet auf dem Weg zum Druiden. Ein weiteres Interesse daran ist aber sicher nicht von Nachteil!
Bezugnehmend auf antike Quellen (Strabo, 1.Jh.v.Chr.) unterteilt sich das formelle Druidentum in drei Lernstufen: die Barden, Ovaten und Druiden. So wird Schritt für Schritt nach alter Tradition gelernt. Themen wie Lyrik, Geschichten erzählen, das alte Wissen zu erlernen stehen im bardischen Grad im Vordergrund. Als Ovat geht es weiter mit Heilwissen, Weissagung und manchem mehr, bis man schließlich im dritten Grad als Druide sein Wissen und die innere Geisteshaltung vervollständigt. Wie bei allen spirituellen Traditionen in denen die persönliche Erfahrung im Vordergrund steht, ist es auch im Druidentum wichtigster Grundsatz lebenslang zu lernen.
Druidentum und Hexenkult (Wicca)
Auch wenn beide naturreligiöse Strömungen sind, so gibt es doch Unterschiede zwischen Druidentum und Wicca. Grundsätzlich sind beide Systeme gut kombinierbar und es herrscht im Druidentum auch nicht die Verehrung der Sonne vor der des Mondes, wie es gerne als unterscheidendes Merkmal zum Wicca herbeigeredet wird.
Die Ähnlichkeiten sind groß, so das die Unterschiede feinschichtig sind. Wenn man bedenkt das Gerald Gardner, Begründer des modernen Wicca, Mitglied im Ancient Order of Druids war und ursprünglich auf der Isle of Man eine Druidengesellschaft gründen wollte, erkennen wir noch deutlicher die engen Verknüpfungen.
Beide Traditionen feiern ähnliche Festtage, sind auf das engste verwoben, wenn man z.B. die Ursprünge der 4 keltischen Feste im Jahresrad der Hexen betrachtet. Und doch gibt es eine leichte Unterscheidung der Ausrichtung. Ist das Wicca mehr extrovertiert, so zeigt sich im Druidentum eine introvertiertere Tradition. Das wird ersichtlich wenn man bedenkt, das im magischen Kreis des Hexentums vor allem Kraft beschworen und dann zur Transformation nach außen geschickt wird, während im Druidentum der Kreis eher ein Symbol innerer Transformation ist, in dem wir nicht äußere Umstände, sondern uns selbst zum Positiven verändern wollen um so unser Leben besser zu meistern.
Eine weitere Eigenart des Druidentums, die man im Wicca nicht ganz so ausgeprägt findet, ist sicher die Liebe zur Poesie, zum Dichten, Gesang, zum künstlerischen Ausdruck, der oft auch die Erfahrungen mit der spirituellen Welt ausdrückt und somit schwer zu beschreibende mystische Erfahrungen für andere begreifbar machen kann. So gesehen ist das Druidentum auf diese Art doch wieder expressiv, denn es gehört zu den Grundfesten eines Druiden oder einer Druidin sich mit diesen Themen auseinander zu setzen. Nicht ohne Grund bedeutet die druidische Gruß- und Ritualformel „Awen“ (sprich: aohen) so viel wie Inspiration, göttliche Führung. Das dazugehörige Symbol drückt drei Lichtstreifen aus, angelehnt an die Sonnenwenden und die göttliche Dreifaltigkeit im keltischen Glauben.
Der Druide?
Auch wenn es nur für Männer zugängliche Druidenorden gibt (vor allem im freimaurerisch geprägten Bereich), ist es im modernen Druidentum doch eher die Ausnahme als die Regel. Schon antike Quellen berichten über Druidinnen und es ist für die meisten heutigen Gemeinschaften ohnehin selbstverständlich, das Frauen den selben Platz darin einnehmen wie Männer. Schließlich geht es auch darum von einander zu lernen.
Man weiß das die Kelten oft das Erlernen der Traditionen von Frau zu Mann bzw. von Mann zu Frau praktizierten, da sie dies für eine besonders gute Möglichkeit der Weitergabe des Wissens schätzten. Das hat nichts mit Anziehung oder ähnlichem zu tun, sondern einfach mit dem „geschlossenen Energiekreis“, in dem die Polaritäten männlich und weiblich existieren, was die Form des Lernens positiv beeinflussen kann.
Die Wahrheit wiegt meistens schwer.