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Dieses Thema hat 2 Antworten
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 Horus
Linoma Offline




Beiträge: 1.500

10.05.2010 15:35
RE: Isis, Osiris und Horus Antworten


Der vorliegende Osirismythos entstammt dem Buch:

Altägyptische Märchen.



Eugen Diederichs Verlag, München ISBN 3-424-01011-1

Der Mythos:

Rhea (Nut), so erzählt man, vereinigte sich heimlich mit Kronos (Geb); das habe Helios (Re) bemerkt und sie verflucht, dass sie in keinem Monat und keinem Jahr gebären solle. Aber auch Hermes (Thot) liebte die Göttin und wohnte ihr bei. Als er hierauf mit der Mondgöttin Brett spielte und ihr den siebzigsten Teil jedes Jahres abgewonnen hatte, fasst er alle diese Teile zu fünf Tagen zusammen und schaltete sie hinter die 360 Tage (des Jahres), die di Ägypter deshalb noch jetzt „die Darangefügten“ (Epagomenen) nennen und als Geburtstage der Götter feiern.

Am ersten Tag wurde Osiris geboren, und zugleich mit seiner Geburt ließ sich eine Stimme hören, dass der Allherr an das Licht trete; einige aber berichten, eine gewisse Pamyle in Theben habe beim Wasserschöpfen aus dem Tempel des Zeus eine Stimme vernommen, die ihr befahl, laut zu verkünden, dass der große König und Wohltäter Osiris geboren worden sei, und deshalb habe sie den Osiris, den ihr Kronos übergeben hatte, aufgezogen. Ihr zu Ehren werde deshalb das Fest der Pamylen gefeiert.

Am zweiten tag wurde Haroeris geboren, den manche Apollo, manche den älteren Horus nennen, und am dritten Tage Seth-Typhon; doch weder zur rechten Zeit noch am rechten Ort, sondern er sprang heraus, indem er mit einem Schlag die Weiche seiner Mutter aufriss. Am vierten tage ward Isis im feuchten Element geboren und am fünften Tage Nephthys. Osiris und Haroeris stammen von Helios (Re), Isis von Hermes (Thot) und Typhon (Seth) und Nephthys von Kronos (Geb)...Dem Typhon hat sich Nephthys vermählt; Isis und Osiris aber liebten einander schon vor ihrer Geburt und wohnten einander im Mutterleibe in der Finsternis bei. Einige behaupten, auf diese Weise sei Haroeris gezeugt worden, und er werde von den Ägyptern der ältere Horus genannt, von den Griechen Apollo.

Osiris brachte, als er König war, die Ägypter sogleich von ihrer ärmlichen und rohen Lebensweise ab, indem er ihnen den Anbau der Feldfrüchte zeigte, Gesetze gab und sie die Götter zu verehren lehrte. Später durchzog er das ganze Land und kultivierte es, wobei er kaum je Waffen nötig hatte; denn er gewann die meisten durch Überredung und Belehrung und zugleich mit jeder Art von Gesang und Musik. Deshalb schien er den Griechen der selbe zu sein wie Dionysos.

Seth-Typhon stiftete während seiner Abwesenheit keinerlei Unruhen, weil Isis gar sehr auf der Hut war und ihn scharf im Auge behielt. Doch als Osiris heimgekehrt war, stellte Seth ihm mit List nach – dabei hatte er 72 Männer zu Mitverschworenen und eine aus Äthiopien (Nubien) anwesende Königin, die die Ägypter Aso nennen, zur Helferin. Typhon maß nämlich des Osiris Leib heimlich aus und ließ nach seiner Größe eine schöne, reichgeschmückte Lade erstellen.

Diese brachte er zum Gelage mit, und als sich nun alle an dem Anblick erfreuten und die Lade bewunderten, versprach Typhon im Scherz, sie dem zum Geschenk zu geben, der sie völlig ausfüllen werde, wenn er darin liege. Als dies alle der Reihe nach versucht hatten und keiner hineinpasste, stieg auch Osiris hinein und legte sich nieder.

Da liefen die Verschwörer herbei, warfen den Deckel zu, verschlossen die Lade von außen mit Nägeln und gossen heißes Blei darüber; dann trugen sie sie zum Flusse hinaus und schickten sie durch die tanitische Mündung ins Meer, die die Ägypter deshalb noch heute für hassenswert und abscheulich halten. Das geschah, so erzählt man, am 17. Athyr (13. November), an dem die Sonne den Skorpion durchläuft, während Osiris das 28. Jahr regierte...

Weil nun die um Chemmis wohnenden Pane und Satyren das Unglück zuerst erfuhren und die Nachricht davon verbreiteten, nennt man noch jetzt plötzliche Beunruhigungen und Schrecken der Menge „panische“.

Als Isis davon erfuhr, schnitt sie sich dort eine ihrer Locken ab und legte Trauerkleidung an...Überall umherirrend und ratlos, ging sie an niemandem vorbei, ohne ihn anzureden; ja sogar auch Kinder, auf die sie traf, fragte sie nach der Lade; die aber hatten sie zufällig gesehen und nannten ihr die Mündung, durch die die Freunde Typhons den Behälter ins Meer gestoßen hatten...

Als Isis erfuhr, dass Osiris, ohne es zu wissen, ihrer Schwester beigewohnt hatte, als sei sie (Isis) es selbst, und sie als Beweis den Honigkleekranz erblickte, den er bei Nephthys zurückgelassen hatte, suchte sie das (dieser Vereinigung entsprossene) Kind, denn Nephthys hatte es gleich nach der Geburt aus Furcht vor (Seth-) Typhon ausgesetzt. Nachdem es Isis mit Mühe und Not gefunden hatte, indem Hunde sie hinführten, zog sie es auf. Und es wurde ihr Wächter und Begleiter, Anubis genannt, von dem es heißt, dass er die Götter ebenso bewache wie die Hunde den Menschen.

Hierauf erfuhr Isis von der Lade, dass die Brandung sie sanft an einem Ereike-Baum abgesetzt habe, als sie von den Meereswogen im Gebiet von Byblos an das Land geworfen war. Als die Ereike in kurzer zeit zum herrlichsten und größten Jungbaum aufgeschossen war, umfing sie die Lade ringsum, wuchs um sie herum und verbarg sie so in sich. Der König von Byblos bewunderte die Größe des Baumes, schnitt den Stamm ab, der die Lade unsichtbar einschloss, und stellte ihn als Pfeiler unter sein Dach.

Das erfuhr Isis, so erzählt man, durch das dämonisch-göttliche Wehen des Gerüchtes und kam nach Byblos, setzte sich niedergeschlagen und verweint an eine Quelle und sprach mit niemandem. Nur den Dienerinnen der Königin begegnete sie freundlich und liebreich, indem sie ihnen das Haar flocht und ihrer Haut einen wunderbaren Wohlgeruch einhauchte, der von ihr selbst ausströmte.

Als die Königin die Dienerinnen sah, befiel sie ein Verlangen nach der Fremden, deren Haar und Haut Ambrosia aushauchte. Sie ließ sie darum holen, wurde mit ihr vertraut und machte sie zur Amme ihres Knäbeleins. Jener König aber hieß Malkathros, seine Gemahlin nach einigen Astarte, nach anderen Saosis oder Nemanus, was die Griechen etwa Athenais nennen würden.

Isis nährte nun das Knäbelein, indem sie ihm statt der Brust den Finger in den Mund steckte. Nachts aber verbrannte sie das Sterbliche an seinem Körper, während sie sich in eine Schwalbe verwandelte und klagend den Pfeiler umflog, bis die Königin sie dabei beobachtete und laut aufschrie, als sie das Kind verbrennen sah; dadurch raubte sie ihm die Unsterblichkeit.

Jetzt erbat sich die Göttin, da sie offenbar geworden war, den Pfeiler des Daches, zog dann den Ereikestamm ganz leicht unter dem Dache heraus und schnitt ihn ringsum weg. Dann umhüllte sie ihn mit Linnen, goss Salbe darauf und übergab ihn dem Königspaar. Und noch heute verehren die Byblier dieses Holz, das im Tempel der Isis liegt.

Dann aber warf sie sich über den Sarg und wehklagte so heftig, dass der jüngere Sohn des Königs starb. Den älteren nahm sie mit sich. Sie legte den Sarg in ein Schiff und segelte davon. Als der Fluss Phaidros gegen morgen einen raueren Wind aufkommen ließ, geriet sie in Zorn und ließ seinen Lauf vertrocknen.

Sobald sie in die Einsamkeit gelangt und mit sich allein war, öffnete sie den Sarg, schmiegte ihr Angesicht an das der Leiche, küsste sie und weinte. Da nun das Knäbelein lautlos von hinten herantrat und zusah, merkte sie es, wandte sich um und warf ihn im Zorn einen furchtbaren Blick zu; das Kind aber vermochte den Schreck nicht zu ertragen, sondern viel tot um.....

Da Isis zu ihrem Sohn Horus reiste, der in Buto aufgezogen wurde, stellte sie den Sarg beiseite; aber Typhon stieß auf ihn, während er bei Nacht im Mondscheine jagte. Er erkannte den Leichnam, zerriss ihn in vierzehn Stücke und streute sie umher. Als Isis das vernahm, fuhr sie in einem Papyrusboot durch die Sümpfe und suchte die Stücke wieder zusammen... Aus diesem Grunde spricht man auch von vielen Gräbern des Osiris in Ägypten, da Isis für jedes einzelne Glied dort, wo sie es fand, ein Grab errichtete. Andere leugnen das; sie habe vielmehr einige Nachbildungen der Leiche gemacht und sie den einzelnen Städten geschenkt, als ob sie ihnen den wahren Leichnam gebe. Denn er sollte von mehreren Verehrung genießen und Typhon sollte, falls er die Oberhand über Horus gewänne und das wahre Grab suchte, den Mut verlieren, da viele Gräber genannt und gezeigt würden...

Da kam Osiris aus der Unterwelt zu Horus, rüstete ihn für die Schlacht und übte ihn ein. Hierauf fragte er ihn, was er für das edelste halte. Als er nun antwortete: „Vater und Mutter, denen Böses widerfuhr, zu rächen“, fragte Osiris ihn zum zweiten, welches Tier er als das nützlichste betrachte für die, die zum Kampfe ausziehen. Als nun Horus antwortete: „Das Pferd“, wunderte er sich darüber und fragte, warum er nicht den Löwen, sondern das Pferd genannt habe. Doch Horus sagte, der Löwe sei für den nützlich, der Hilfe bedürfe, das Pferd dagegen dazu, den fliehenden Feind zu zerstreuen und völlig zu vernichten. Als Osiris dies hörte, freute er sich, weil Horus sich demnach genügend vorbereitet hatte...

Die Schlacht dauerte viele Tage, und Horus blieb Sieger. Als Isis auf den gefesselten Typhon traf, tötete sie ihn nicht, sondern löste ihn und ließ ihn frei. Das nun ertrug Horus nicht mit Gleichmut, sondern legte Hand an seine Mutter und riss ihr die Krone vom Haupt. Doch Hermes (Thot) setzte ihr dafür einen kuhköpfigen Helm auf.

Als Typhon den Horus (vor Gericht) wegen unehelicher Geburt verklagte, wurde dieser mit Hilfe des Hermes von den Göttern für ehelich erklärt. Typhon aber erlitt in zwei weiteren Schlachten eine vollständige Niederlage. Isis indes brachte von Osiris, der ihr noch nach seinem Tode beigewohnt hatte, den Harpokrates als Frühgeburt und an den unteren Gliedmaßen zu schwach zur Welt.

Die Wahrheit wiegt meistens schwer.

Linoma Offline




Beiträge: 1.500

10.05.2010 22:42
#2 RE: Isis, Osiris und Horus Antworten

Die Wiedererweckung und die Rache des Horus
Isis gelang es, die Truhe aus dem Stamm zu befreien und brachte den Leichnam ihres Gatten zurück nach Ägypten. Seth blieb dies nicht verborgen und er zerstückelte Osiris Körper in 14 Teile und verteilte den Leichnam über das ganze Land. Einer Wiederbelebung durch Isis wollte er somit entgegenwirken. Einer der wichtigsten Abschnitte des Mythos ist die Wiederbelebung des Osiris durch Isis während der sogenannten Totenhochzeit. Isis fuhr in einem Papyrusboot durch die Sümpfe und fand die einzelnen Stücke. Bis auf seinen Penis. Der Phallos stand für Fruchtbarkeit und Lebenskraft, daher schafft Isis einen neuen und erweckt diesen während der Totenhochzeit zum Leben. Osiris ist somit wieder fruchtbar und zeugungsfähig und zum Leben erweckt. Isis setzte Osiris Körper wieder zusammen. Dazu umwickelte sie ihn mit Leinenbandagen. Der Gott Anubis hilft ihr dabei und nähte seine Körperteile wieder zusammen und balsamierte ihn. Osiris wurde dann von Isis und Nephthys wiederbelebt. Und sie zeugten einen Sohn, Horus. Die Zauberkräfte der Isis bewahrten den Leichnam des Osiris vor der Verwesung und Osiris erhob sich und regierte fortan als Gott der Unterwelt. In einer anderen Version heißt es, Seth zerstückelte ihn in 13 Teilen, die er im ganzen Land verstreute. Das vierzehnte Teil, seinen Penis, warf er ins Meer, wo ihn ein Fisch sogleich verspeiste.

Isis machte sich auf den Weg und sammelte alle Körperteile wieder ein, bis auf seinen Penis. Der Versuch, den fehlenden Phallus durch eine Holzkopie zu ersetzen, schlug fehl. So wurde Osiris nicht wiedererweckt, denn der Körper des Gottes war nicht vollständig. Osiris avancierte zum Herrscher über das Totenreich. Da Osiris als erster Gott stirbt, gilt er als König der Unterwelt und wird mit allen Bereichen des Todes in Verbindung gebracht. Gleichzeitig gilt er als Herr der Erde von dem alle Fruchtbarkeit ausgeht. Da Isis hochschwanger war und nicht in der Lage war gegen Seth zu kämpfen, konnte Seth seine Herrschaft über Ägypten weiter ausbauen und herrschte uneingeschränkt über die ganze Welt . Im Verborgenen brachte Isis ihren Sohn Horus zur Welt. Da sie wusste, dass Seth alles versuchen würde, um Horus wie seinen Vater zu töten, legte sie das Baby in einen Korb und ließ ihn auf den Nil hinaus treiben. So wuchs Horus bei Menschen auf, die ihn am Nilufer fanden und Horus hielt sich selber für einen Menschen.

Horus wurde zu einem ungewöhnlich starken und schönen Mann. Horus wuchs in Buto auf und erfuhr von seiner göttlichen Herkunft und wer seine Eltern waren. So sann er auf Rache gegen Seth und begann einen grausamen Feldzug gegen ihn. Osiris kam aus der Unterwelt herauf zu Horus und rüstete ihn für den Kampf aus, der ihm bevorstand. Zu Beginn von Horus Krieg hatte dieser noch Verbündete: seine Mutter Isis, deren Schwester Nephthys, sowie die Götter Anubis und Thoth. Die gnadenlose Entschlossenheit von Horus führte aber dazu, dass sich selbst seine Mutter Isis von ihm abwandte. Als Isis Kriegsgefangene ihres Sohnes befreite, reagierte dieser so bösartig, dass er ihr den Kopf abschlug und nur durch die Heilkünste des Thoth verhindert wurde, dass Isis an dieser Verletzung starb.

Der Krieg der Götter tobte im Land der Menschen. Endlich aber siegte Horus. Seth wurde gefesselt und der Isis ausgeliefert. Isis duldete keinerlei Bluttaten und wollte eine Verurteilung des Seth durch ein göttliches Gericht.. Seth schlug vor, den Streit außerhalb des Gerichtssaales bei einer Kraftprobe zu entscheiden, was aber von Thot abgelehnt wurde. Für etwa 80 Jahre geschah nichts.

Die Wahrheit wiegt meistens schwer.

Linoma Offline




Beiträge: 1.500

22.05.2010 23:46
#3 RE: Isis, Osiris und Horus Antworten

Selket – die Skorpiongöttin mit magischen Heilkräften

Bereits der Name der Göttin Selket (eine Abkürzung des ägyptischen "serqet hetit ", "die die Kehle atmen läßt ") weist deutlich auf ihren beschützenden Charakter hin: Wer von einem Skorpion gestochen wird, kann Atemschwierigkeiten erleiden und Selkets Aufgabe war es, gefährliche Stiche von Skorpionen und Insekten zu verhüten und vor Giftbissen von Schlangen und Reptilien zu schützen.
Selket wurde gewöhnlich als Frau mit einem Skorpion auf dem Kopf dargestellt oder als Skorpion mit Frauenkopf
oder nur als Skorpion. Sie gehörte zu den heilkräftigen Schutzgöttinnen, sie und ihre Priester brachten den Menschen das Wissen um die "notwendige Kunst ", wie die Ägypter die Medizin bezeichneten. Die Priester der Selket waren auch als Ärzte tätig, die sich mit der Behandlung von Stichen und Bissen durch giftige Insekten,

Schlangen und Skorpione auskannten, wie etwa der Cherep Selket, ein Spezialist auf diesem Gebiet. Skorpionbisse waren im Alten Ägypten sehr gefürchtet, wir kennen zahlreiche Heilungssprüche, die das Gift aus dem Körper nach einem Skorpionbiß vertreiben sollten.

Eine mythologische Erzählung aus dem Sagenkreis um die Göttin Isis und ihren Sohn Horus berichtet uns von der Gefährlichkeit von Skorpionstichen und deren Heilungsmöglichkeiten: Isis mußte ihren noch ungeborenen Sohn Horus, der von Osiris gezeugt war, vor den Nachstellungen seines Onkels Seth beschützen, der dem göttlichen Kind nach dem Leben trachtete. Isis konnte aus dem Gewahrsam des Seth fliehen und bat die Göttin Selket um Begleitung von sieben Skorpionen zum Schutz für sie und ihr Kind, bis sie ein sicheres Versteck gefunden hatte. Die kleine Gruppe kam an einen Ort im Nildelta in die "Stadt der zwei Schwestern ", aber niemand wollte Isis Obdach gewähren, weil sich die Menschen vor den Skorpionen fürchteten, die die Göttin umgaben. Eine reiche Frau verschloß ihre Tür vor Isis, daraufhin schworen die sieben Skorpione Rache. Sechs von ihnen spritzten ihr Gift in den Stachel des siebten Skorpions, des Tefun, der unter der Haustür durchkroch und das Kind der reichen Frau stach. Ein armes Mädchen bot Isis und ihren Schutzskorpionen unterdessen eine Herberge in ihrem bescheidenen Haus an. Das Weinen der reichen Frau um ihr sterbendes Kind erweichte das Herz der Isis jedoch und sie vergaß, dass die Frau ihr eine Zuflucht verweigert hatte. Die Göttin heilte den kleinen Jungen, indem sie die Namen der sieben Skorpione aussprach und folgenden Zauberspruch aufsagte : "Gift des Tefun, komm, fließe auf den Boden. Kreise nicht herum und dringe nicht ein in den Körper. Gift des Befun, komm und fliesse auf den Boden. Ich bin Isis, die Göttin, die Herrin des Zaubers ... Tropfe herab, Gift der Mostet. Sause nicht herum, Gift des Mostetef. Steige nicht auf, Gift der Pitet und der Titet. Wandere nicht herum, Gift der Matat ... " Durch diese magische Bannung des Giftes verließ das Skorpiongift den Körper des Kindes, das wieder ganz gesund wurde.

Diese Erzählung und der Zauberspruch der Isis befinden sich auf der sog. Metternichstele, die in der 30. Dynastie (4. Jhr. v. Chr.) aufgestellt wurde. Die Stele (eine freistehende Säule, die mit Reliefs oder Inschriften versehenen ist) enthält eine Sammlung von Mythen, Hymnen an die Götter, Gebete und Zaubersprüche. Auf dieser Stele befindet sich noch eine weitere mythische Geschichte, die göttliche Hilfe bei Stichen von Skorpionen oder Schlangen verspricht:

Isis hat ihren Sohn Horus nun zur Welt gebracht und verbirgt ihn in den Sümpfen des Nildeltas, so daß Seth ihn nicht finden kann. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, muß Isis das Kind verlassen, um zu arbeiten oder zu betteln. Bei ihrer Rückkehr findet sie Horus, der gebissen wurde und nun Gift von einem Skorpion oder eine Schlange in sich trägt. Isis wehklagt und Selket gibt ihr folgenden Rat: "O Isis, bete doch zum Himmel, dann wird die Bootsmannschaft des Re anhalten und das Schiff des Sonnengottes wird nicht weiterfahren, solange Dein Sohn Horus auf der Seite liegt ".
Re hielt auf Bitte der Isis die Fahrt der Sonnenbarke an und die Erde wurde in Finsternis getaucht. Der Gott Thot entstieg der Barke und vertrieb durch Zaubersprüche das Gift aus dem Körper des Horus.
"O lebe Kind. Möge Horus für seine Mutter Isis gesund werden, möge jeder Kranke ebenso gesund werden ". Daraufhin verließ das lebensbedrohliche Gift den Körper des Kindes und die Sonnenbarke zog weiterhin ihre Bahnen über den Himmel.

Die mythische Rolle des göttlichen Kindes Horus, das Dank magischer Sprüche und göttlichen Beistandes die Gefahr tödlicher Giftbisse überwindet, nahmen die Alten Ägypter als Vorbild, um selbst vor Angriffen giftiger Tiere geheilt zu werden. Jeder Gebissene wurde zum mythischen Horus. Man fertigte sogenannte Horusstelen an, die Schlangenbiß und Skorpionstich abwehren sollten.



Auf den Horusstelen ist das göttliche Kind abgebildet, das gefährliche Tiere bezwungen hat und nun vor deren Angriffen geschützt ist. Auf der Rückseite befinden sich Lobpreisungen an Horus, in denen seine übelabwehrenden Qualitäten beschrieben werden:
"Du wehrst für mich alle Löwen in der Wüste ab, alle Krokodile im Fluß, alle Schlangen und Skorpione, alle Insekten, die mit ihrem Maul beissen und mit ihrem Schwanz stechen, alles Gewürm, das in seinen Höhlen sticht ". Wurden die Stelen mit Wasser übergossen, konnte es als magisches Getränk eingenommen oder auf dem Körper verstrichen werden.

Nicht nur im Bereich der Lebenden war der Einfluß der Göttin Selket groß, er war auch unverzichtbar für die Jenseitsvorstellungen der Alten Ägypter. Man glaubte, dass die Göttin die vier Quellen des Nils bewachte, die als Eingang in die Unterwelt galten. Dort in dem unterirdischen Ozean war Selket dafür verantwortlich, die riesige Schlange Apophis
(s. auch Bericht zu Apophis, April 2003) zu fesseln und gefangen zu halten, nachdem diese von den Helfern des Re besiegt worden war.

Die Wahrheit wiegt meistens schwer.

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