Die alten Ägypter verehrten im Skarabäus den Schöpfergott Chepri (”der Selbstentstandene“). Dieser wurde dargestellt in der Gestalt eines Mistkäfers oder – wie auf der Abbildung hier – als Menschengestalt mit einem Skarabäuskopf. Chepri war auch der Gott der neugeborenen, morgendlichen Sonne, der diese während ihrer Wanderung über den Tageshimmel vor sich her schiebt, wie der Skarabäus die Mistkugel vor sich herrollt, an die er seine Eier legt. Wie die Sonne geht der Mistkäfer aus der Erde hervor, wandelt sein Erscheinungsbild und gehört gleichzeitig der Erde und dem Luftraum an.
Für die Ägypter war die Sonne von tragender Bedeutung. Nur die energiegeladenen und wärmenden Strahlen der Sonne konnten die dunklen Schatten der Nacht vertreiben. Da jedes Leben nur durch diese Strahlen möglich ist, sahen die Ägypter darin eine göttliche Urkraft. Der Sonnengott Ra tritt meist in menschlicher Gestalt mit einer leuchtenden Sonnenscheibe auf dem Kopf auf. Sein Körper und seine Arme sind aus leuchtendem Gold. Es gibt drei Haupterscheinungsformen des Gottes Ra. Als wiedergeborener Gott erschein Ra am Morgen in der Gestalt des Cheper, des Skarabäus. Mittags, wenn die Sonne am höchsten steht nimmt er die Gestalt der Sonnenscheibe an und abends wenn die Sonne untergeht verkörpert er den Gott Atum.
[ Editiert von Administrator Linoma am 18.05.11 18:54 ]
Im Laufe des Tages ändert der Sonnengott, dem die Schöpfung der Welt zugeschrieben wird, seine Erscheinungsformen. Er tritt als Morgen-, Mittags- und Abendsonne auf. Aus der feurigen Mittagssonne am Zenit (Re) [» s. Dose mit Darstellung des Sonnengottes Re] wird allmählich die müde und alt werdende Abendsonne (Atum). So wie die Sonne im Verlauf des Tages ihre Gestalt und ihre Strahlkraft variiert, wird der Sonnengott in seiner Totalität von drei Gottheiten repräsentiert, wobei jeder einzelne Gott einen Teilaspekt des Ganzen verkörpert. Hat der Sonnengott bei Tagesanbruch seine nächtliche Fahrt durch die Unterwelt beendet, ist mit ihm eine Verwandlung geschehen. Er zeigt nun seine schöpferische Kraft als Morgensonne und taucht in Gestalt eines geflügelten Skarabäus aus der Unterwelt hervor. Jetzt wird der Sonnengott als Chepre bezeichnet, als der, "der von selbst entstanden ist". Chepre [» s. Skarabäus-Anhänger mit Lapislazuli], die käferförmige Form, die der Sonnengott am Morgen annimmt, kennzeichnet das Werden der Sonne und ihre Auferstehung am Anfang eines jeden neuen Tages.
Der nächtliche Abstieg der Abendsonne in die Unterwelt und das allmorgendliche Auftauchen (als Gott Chepre) aus diesem geheimnisvollen und gefährlichen Ort prägte das Bild der Ägypter von Tod und Wiedergeburt. Der Sonnengott kehrte jeden Morgen erfrischt und mit neuen Kräften versehen ins Leben zurück.
Der Sonnenlauf als täglich zu beobachtender kosmischer Zyklus garantierte die Aufrechterhaltung der Weltenordnung und eine tägliche Erneuerung der Schöpfung. Die Unterwelt wurde im Alten Ägypten zum Symbol für Regeneration und Wiedergeburt aus der Tiefe, was zugleich eine Überwindung des Todes bedeutete.
Der Skarabäus [» s. Brauner Skarabäus (Speckstein)] galt in Ägypten als ein Symbol der Selbstschöpfung. Aus der riesigen Mistkugel des Käfers, die in der Erde verschwindet, schlüpfen neue Käfer und steigen aus der Erde heraus. Der Skarabäus ist scheinbar "von selbst" entstanden, ganz ohne Zeugungsakt.
Das Verschwinden der Mistkugel in der Erde hat die Ägypter an den allabendlichen Untergang der Sonne erinnert. Beide tauchen in die Erde ein und beide werden von ihr wieder verjüngt "entlassen". Das Hervorbrechen der jungen Käfer aus den langen unterirdischen Gängen stand für das tägliche Wiedererscheinen der jungen Sonne nach ihrer nächtlichen Reise. Der Mistkäfer verkörperte so die Macht der Selbsterneuerung der Sonne und des Lebens. Die Ägypter vermuteten noch eine weitere Analogie zwischen dem Verhalten des Skarabäus [» s. Lesezeichen Skarabäus (Silber)] und dem Lauf der Sonne: der Käfer schiebt seine riesige Mistkugel vor sich her und rollt auch die Sonnenkugel über den Himmel. Der Skarabäus ist ein Symbol für Lebenskraft und Fähigkeit zur ständigen Selbsterneuerung, daher war er ein beliebtes Grabamulett bei den Ägyptern.
Besonders das Herz, das einziges Organ, das bei der Mumifizierung im Körper des Toten verblieb, wurde von Chepre beschützt. Der "Herzskarabäus" war ein großes Amulett, das direkt über dem Herzen des Verstorbenen aufgelegt und fest in die Bandagen der Mumie eingewickelt wurde. Es wurde aus grünen oder aus dunklen Materialien hergestellt, etwa aus Hämatit oder Obsidian und seine Unterseite mit einem Spruch aus dem Totenbuch beschrieben:
"Oh mein Herz, das ich auf Erden besaß. Sprich dich nicht gegen mich aus, wenn es um meine Taten geht." Dieser Spruch sollte verhindern, dass das Herz beim Totengericht Schlechtes über den zu beurteilenden Toten von sich gibt. Das Herz musste sich nämlich vor dem Eingehen eines Menschen in das Jenseits vor den Göttinnen und Göttern rechtfertigen. Dazu wurde es (stellvertretend für den Verstorbenen) auf eine Waagschale gelegt und gegen die Feder der Göttin Maat abgewogen. Hat der Verstorbene in seinem Leben schwerwiegende Missetaten begangen, ging die Seite mit dem Herzen nach unten und ihm war für immer das Jenseits verwehrt. Seine Existenz wurde endgültig vernichtet.