Dunkle Energie: Seit neun Milliarden Jahren konstant
Die Dunkle Energie ist eine der größten Mysterien der modernen Kosmologie. Sie macht über 70 Prozent des Universums aus - aber bislang weiß niemand, woraus sie besteht. Neue Messungen an explodierenden Sternen, so genannten Supernovae, zeigen jetzt, dass die Dunkle Energie vor neun Milliarden Jahren bereits genauso stark war wie heute.
Baltimore (USA) - Damit sind zumindest jene Erklärungsversuche aus dem Rennen, bei denen sich die Dunkle Energie über diesen Zeitraum verändern sollte.
Supernovae werden von den Astronomen als "Standardkerzen" zur Vermessung des Universums verwendet. Aus ihren Helligkeiten und aus dem Verlauf der Sternexplosionen können die Forscher sowohl die Entfernungen der Supernovae bestimmen, als auch das Tempo, mit dem sich das Universum zum Zeitpunkt der Explosionen ausdehnte. Durch die Untersuchung vieler Supernovae in unterschiedlichen Entfernungen - und damit zu unterschiedlichen kosmischen Epochen - lässt sich so die Expansionsgeschichte des Universums rekonstruieren.
Ende der 1990er Jahre sorgten Adam Riess von der Johns Hopkins University in Baltimore und seine Kollegen für Aufsehen. Bis dahin waren die Astronomen ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Expansion des Universums im Verlauf der kosmischen Geschichte durch die Anziehungskraft der Materie abgebremst wird. Doch die von Riess und seinem Team untersuchten Supernovae zeigten das Gegenteil: Die Expansion beschleunigt sich. "Dunkle Energie" tauften die Forscher die geheimnisvolle Antriebskraft dieser Beschleunigung.
Worum aber handelt es sich bei dieser Dunklen Energie? Um eine Art Spannung des Vakuums? Oder um energetische Felder, die sich im Verlauf der Zeit abschwächen? In Fachkreisen kursiert eine Vielzahl unterschiedlicher Hypothesen. Mit ihren neuen Beobachtungen liefern Riess und seine Kollegen jetzt eine verbesserte Grundlage für die Diskussionen. Insgesamt 23 Supernovae in bis zu neun Milliarden Lichtjahren Entfernung haben Riess und sein Team mit dem Weltraumteleskop Hubble vermessen. Der Befund: Seid neun Milliarden Jahren hat sich die Stärke der Dunklen Energie nicht geändert. Aber nicht alle Kosmologen sind restlos überzeugt. Auch Riess gesteht ein, dass die Fehlerbalken der Messungen noch so groß sind, dass kleinere Änderungen der Dunklen Energie nicht vollständig auszuschließen sind. Zudem kann sich die Dunkle Energie natürlich auch in früheren Epochen des Kosmos geändert haben. Gemeinsam mit seinen Kollegen will Riess deshalb weiter auf die Jagd nach fernen Sternexplosionen gehen.
Rund 80 Prozent der Materie im Kosmos ist unsichtbar. Woraus diese "dunkle Materie" besteht ist bislang völlig unklar. Dänische Forscher haben nun immerhin herausgefunden, dass die Teilchen der dunklen Materie eine Lebensdauer von über drei Billiarden Jahren haben -- mehr als das 200.000-fache des Alters des Universums.
Kopenhagen (Dänemark) - Die Physiker gehen davon aus, dass die dunkle Materie aus bislang unbekannten Elementarteilchen besteht. Ein von vielen Forschern favorisierter Kandidat ist dabei das Axion, dessen Existenz von der Quantenchromodynamik vorhergesagt wird, der Quantentheorie der im Atomkern wirkenden Kräfte. Axionen können prinzipiell in andere Teilchen zerfallen. Dabei entsteht unter anderem Röntgenstrahlung -- und diese Röntgenstrahlung, so die Idee von Signe Rimer-Sørensen und seinen Kollegen vom Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen, sollte sich bei großen Ansammlungen von dunkler Materie wie etwa in Galaxienhaufen nachweisen lassen.
Das Problem: In Galaxienhaufen gibt es zugleich große Mengen heißen Gases, das ebenfalls Röntgenstrahlung aussendet. Glücklicherweise gibt es den Galaxienhaufen 1E 0657-56: Diese Ansammlung von Sternensystemen ist durch die Kollision mehrerer kleinerer Galaxienhaufen entstanden. Dabei haben sich normale Materie und dunkle Materie weitgehend voneinander getrennt: Es gibt in 1E 0657-56 eine große Konzentration dunkler Materie, die frei von heißem Gas ist.
Riemer-Sørensen und sein Team haben also, wie sie jetzt im Fachblatt "Physical Review Letters" berichten, nach Röntgenstrahlung aus dieser Ansammlung von dunkler Materie gesucht -- und im Rahmen der Messgenauigkeit nichts gefunden. Daraus konnten die Wissenschaftler errechnen, dass die Zerfallszeit der Axionen mindestens drei Billiarden Jahre beträgt. Freilich ist dies nur die Lebensdauer der dunklen Materie, wenn sie tatsächlich aus Axionen besteht -- und nicht aus etwas noch Seltsamerem.
Wenn sie in einer Region mit einer hohen Dichte an Dunkler Materie entstanden, könnten Sterne der ersten Generation bis heute überleben.
Sterne aus der Urzeit des Kosmos könnten bis heute überlebt haben - und durch in ihrem Inneren gefangene Dunkle Materie sogar immer noch leuchten. Das zeigen Modellrechnungen, die ein europäisches Forscherteam jetzt zur Veröffentlichung im Fachblatt "Physical Review Letters" eingereicht hat.
"Die Sterne könnten in ihrer Entwicklung für Zeiträume eingefroren werden, die länger sind als die bisherige Lebensdauer des Universums", sagt Gianfranco Bertone vom Institut d'Astrophysique de Paris, einer der beteiligten Forscher. Die ersten Sterne, die nach dem Urknall im Kosmos entstanden sind, waren vermutlich extrem massereich und deshalb kurzlebig. Denn je größer die Masse eines Sterns ist, desto mehr Energie strahlt er ab und desto schneller verbraucht er seinen Energievorrat.
Eigentlich sollte es im heutigen Kosmos deshalb keine Sterne der ersten Generation, der so genannten Population III, mehr geben. Wie Bertone und seine Kollegen aus Frankreich, Italien und der Schweiz nun zeigen, könnten jedoch einige der alten Riesen sogar heute noch strahlen. Dann nämlich, wenn sie in einer Region mit einer hohen Dichte an Dunkler Materie entstanden ist. Dabei handelt es sich um eine bislang rätselhafte Substanz, die mit ihrer Schwerkraft die Galaxien zusammenhält.
Die Dunkle Materie könnte sich im Inneren der Sterne ansammeln und dort langsam zerfallen. Dieser Zerfall setzt Energie frei, die das Leben der Sterne nahezu endlos verlängern könnte. Selbst heute könnten solche Sterne noch leuchten, obwohl die Kernfusion in ihrem Inneren längst erloschen wäre. Solche "eingefrorenen" Sterne wären allerdings erheblich größer und kühler als normale Sterne vergleichbarer Masse. Bertone und seine Kollegen empfehlen, insbesondere im Zentrum der Milchstraße nach derartigen Objekten zu suchen.
Kosmische Kollision trennt Dunkle Materie von normaler Materie
5,7 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt stoßen zwei Galaxienhaufen zusammen - und liefern Informationen über den unsichtbaren Bestandteil des Universums - Der Zusammenstoß zweier Galaxienhaufen zeigt, dass sich Dunkle Materie anders verhält als gewöhnliche, sichtbare Materie. Das belegen Beobachtungen mit dem Röntgensatelliten Chandra und dem Weltraumteleskop Hubble, über die ein internationales Astronomenteam demnächst im Fachblatt "Astrophysical Journal" berichtet. Während das Gas in den Galaxienhaufen durch die Kollision abgebremst wird und sich in der Mitte ansammelt, strömt die Dunkle Materie der beiden Haufen nahezu ungehindert durcheinander hindurch.
Es ist nicht der erste Fall, dieser 5,7 Milliarden Lichtjahre entfernte Doppel-Haufen mit der Katalogbezeichnung MACS J0025.4-1222, bei dem die Himmelsforscher eine solche Separation der Dunklen Materie von der gewöhnlichen Materie beobachten. Über ein ähnliches Phänomen bei dem so genannten "Bullet-Haufen" berichtete bereits vor zwei Jahren ein anderes Team von Astronomen. Doch da es sich dabei noch um einen Ausnahmefall zu handeln schien, gab es Zweifel an der korrekten Interpretation der Beobachtungen.
Nun zeigen jedoch die Beobachtungen der kollidierenden Galaxienhaufen MACS J0025.4-1222 durch Maruša Bradaç von der University of California in Santa Barbara und ihren Teamkollegen, dass die Trennung von Dunkler und normaler Materie beim Zusammenstoß von Galaxienhaufen offenbar die Regel ist. Die Astronomen konnten mit dem Chandra-Satelliten im Röntgenbereich das Leuchten des heißen Gases in den Haufen beobachten. Um die Verteilung der Dunklen Materie zu bestimmen, analysierten die Astronomen die Form von weit hinter dem Doppel-Haufen stehenden Galaxien. Durch seine Schwerkraft wirkt MACS J0025 wie eine gigantische, verzerrende Linse - und aus der Stärke der Verzerrung lässt sich die Verteilung der Masse in den kollidierenden Haufen berechnen.
Die deutliche Trennung bestätigt, dass die Dunkle Materie mit normaler Materie - und auch mit sich selbst - nahezu ausschließlich über die Schwerkraft wechselwirkt. Dunkle Materie macht etwa 85 Prozent der Masse des Kosmos aus und besteht aus bislang unbekannten Elementarteilchen. Ohne Dunkle Materie könnten große Strukturen wie Galaxien und Galaxienhaufen im Universum weder entstehen noch zusammenhalten - die Schwerkraft der normalen Materie würde dazu nicht ausreichen.
Die geheimnisvolle Dunkle Materie könnte sich durch ein schwaches Glimmen im Gammabereich verraten - Computersimulationen zeigen jetzt, wo sich dieses Glimmen am leichtesten aufspüren ließe
Rund 85 Prozent der Materie des Universums ist dunkel - sie verrät sich allein durch ihre Schwerkraft. Doch sie könnte ein verräterisches Glimmen im hochenergetischen Gammabereich aussenden. Nach diesem Glimmen wollen die Astronomen mit dem im Juni gestarteten Spezialsatelliten Fermi suchen. Doch auf welche Himmelsregionen sollen die Forscher Fermi ausrichten, um die Gammastrahlung der Dunklen Materie aufzuspüren? Umfangreiche Computersimulationen eines internationalen Teams geben nun eine Antwort auf diese Frage: Die besten Aussichten hat die Suche nach dem Glimmen der Dunklen Materie im inneren Bereich der Milchstraße, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt "Nature".
"Diese Berechnungen erlauben uns endlich zu sehen, wie die Verteilung der Dunklen Materie nahe der Sonne aussehen sollte", erklärt Simon White, der Direktor des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching. An den Simulationen waren neben Forschern des MPI für Astrophysik Wissenschaftler aus Großbritannien, Kanada und den Niederlanden beteiligt. Die auf einem Supercomputer des Leibniz-Rechenzentrums in Garching durchgeführten Rechnungen benötigten insgesamt eine Rechnerzeit von 3,5 Millionen Stunden.
Die Dunkle Materie verrät sich nur über ihre Schwerkraft und tritt ansonsten mit der normalen Materie der Sterne, Planeten und Gaswolken nicht in Wechselwirkung. Nur die Anziehungskraft der Dunklen Materie hält die großen Strukturen im Kosmos - Galaxien und Galaxienhaufen - zusammen. Die Physiker gehen davon aus, dass die Dunkle Materie aus bislang unbekannten Elementarteilchen besteht. Solche Elementarteilchen könnten sich aber bei seltenen Zusammenstößen gegenseitig vernichten und dabei hochenergetische Strahlung aussenden.
Bislang gingen die Astronomen davon aus, dass sich diese Gammastrahlung der Dunklen Materie am leichtesten in den Zentralregionen von Satellitengalaxien der Milchstraße aufspüren ließe. Die Simulationen der Forscher um Simon White kommt nun jedoch zu einem anderen Ergebnis: Die stärkste Strahlung wäre demnach aus dem inneren Bereich der Milchstraße zu erwarten. Genau ins Zentrum der Galaxis zu blicken wäre allerdings auch keine gute Idee, so die Astronomen, da es dort zu viele andere Gammaquellen gibt. Stattdessen empfehlen die Wissenschaftler, mit dem Fermi-Teleskop im Bereich von 10 bis 30 Grad abseits des galaktischen Zentrums zu suchen.
Beobachtungen zeigen überraschenden Zusammenhang zwischen sichtbarer und Dunkler Materie
Entweder die bisherigen Annahmen über die rätselhafte Dunkle Materie sind falsch - oder es gibt diese Dunkle Materie gar nicht. Zu diesem weit reichenden Schluss kommt ein internationales Forscherteam nach der Untersuchung der Materieverteilung in einer großen Zahl unterschiedlicher Galaxien. Dabei stießen die Wissenschaftler auf einen überraschenden Zusammenhang zwischen den Verteilungen der normalen, sichtbaren Materie und der Dunklen Materie, der sich mit den bisherigen Vorstellungen der Kosmologen nicht erklären lässt.
"Die Dunkle Materie und die sichtbare Materie scheinen sich auf rätselhafte Weise miteinander auszutauschen", erklärt Benoit Famaey von der Universität Bonn, einer der beteiligten Astronomen. "Irgendwie scheint die Dunkle Materie zu wissen, wie die sichtbare Materie verteilt ist." Eine solche Beziehung zwischen den beiden Materieformen dürfte es jedoch eigentlich nicht geben, so der Forscher.
Rund 80 Prozent der Masse in unserem Universum besteht nach den derzeitigen Vorstellungen der Astronomen aus Dunkler Materie, einer rätselhaften Substanz aus bislang unbekannten Teilchen. Galaxien rotieren erheblich schneller, als es die sichtbare Materie erlauben würde - nur die zusätzliche Schwerkraft der Dunklen Materie hält, so die Theorie, die Sternsysteme zusammen. Die Dunkle Materie sendet selbst keine Strahlung aus - daher ihr Name - und tritt mit der normalen, sichtbaren Materie ausschließlich über die Schwerkraft in Wechselwirkung.
Die Verteilungen von sichtbarer und Dunkler Materie in Galaxien sollten deshalb unabhängig voneinander sein und von der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Sternsysteme abhängen. Die Untersuchung von Famaey und seinen Kollegen zeigt jetzt jedoch, dass es für unterschiedlichste Galaxien - von kleinen Zwergsystemen bis zu großen Spiralen - einen starken Zusammenhang zwischen diesen Verteilungen gibt. "Irgend etwas geht dort vor, das nicht in das bisherige Paradigma passt", so Famaey. Entweder die Wechselwirkungen zwischen sichtbarer und Dunkler Materie sind komplexer als bislang vermutet. Oder es gibt gar keine Dunkle Materie. Denn der von Famaey und seinen Kollegen gefundene Zusammenhang stimmt sehr gut mit den Vorhersagen einer alternativen Gravitationstheorie überein, die bereits 1983 von dem israelischen Physiker Mordehai Milgrom als Alternative zur Dunklen Materie vorgeschlagen wurde.
Die Rotation gasreicher Galaxien korreliert mit der sichtbaren Masse - in Übereinstimmung mit einer alternativen Gravitationstheorie
- Die Rotation gasreicher Galaxien lässt sich durch einen einfachen Zusammenhang mit der Masse des Sternsystems beschreiben. Das zeigen Messungen an 47 Galaxien, die ein amerikanischer Astronom demnächst im Fachblatt "Physical Review Letters" präsentiert. Ein derartiger Zusammenhang ist im Standardmodell der Kosmologie, in dem Galaxien überwiegend aus Dunkler Materie bestehen, nicht zu erwarten. Die beobachtete Korrelation ist jedoch eine natürliche Vorhersage einer umstrittenen alternativen Theorie für die Schwerkraft, der modifizierten Newtonschen Dynamik, kurz MOND.
"Möglicherweise existiert keine Dunkle Materie", schließt Stacy McGaugh von der University of Maryland. Wenn doch, so der Forscher, sei es eine Herausforderung, die beobachtete Korrelation zu erklären - denn sie sei keine natürliche Konsequenz des Standardmodells. Gemäß dieser von der Mehrheit der Astronomen vertretenen Vorstellung ist rund 80 Prozent der Masse im Universum unsichtbar. Diese Dunkle Materie besteht aus bislang unbekannten Elementarteilchen, die mit normaler, sichtbarer Materie nur über die Schwerkraft wechselwirken.
Bereits 1983 schlug der israelische Physiker Mordehai Milgrom mit seiner MOND-Theorie eine Alternative zur Dunklen Materie vor. Der Kern von MOND ist die Annahme, dass die Gravitation bei sehr schwachen Beschleunigungen stärker ist als vom Newtonschen Gravitationsgesetz vorhergesagt - und damit insbesondere in den Außenbereichen von Galaxien mehr Masse vortäuscht. Bisherige Versuche, MOND durch Beobachtungen zu überprüfen, orientierten sich an der in Form von Sternen vorliegenden sichtbaren Masse von Galaxien. Doch die Masse von Sternen lässt sich nur schwer anhand ihrer Strahlung abschätzen. Dadurch waren diese Messungen ungenau und angreifbar.
McGaugh ist diesem Problem nun dadurch ausgewichen, dass er Galaxien ausgewählt hat, deren Masse nicht von den Sternen, sondern von Wasserstoffgas dominiert wird. Die Masse dieses Gases lässt sich direkt messen und liefert deshalb wesentlich genauere Ergebnisse. Für die untersuchten 47 Sternsysteme findet der Forscher eine starke Korrelation der Galaxienmasse mit der Rotation in den Außenbereichen. Das Entscheidende an McGaughs Arbeit sei nicht, dass sie einen Beweis für MOND liefere, betont der Astrophysiker Jerry Sellwood von der Rutgers University in New Jersey im Onlineportal der Zeitschrift "Science", sondern dass sie auf ein Phänomen hinweist, das sich mit Dunkler Materie nicht erklären lässt.