Apophis bedeutet in der ägyptischen Mythologie vermutlich Riese, bzw. Riesenschlange. Als Riesenschlange mit mehreren Windungen wird Apophis auch dargestellt.
Kampf gegen den Sonnengott
Apophis ist der Gegenspieler des ägyptischen Sonnengottes. Apophis lebte schon zur Zeit des Chaos im Urwasser. Sie bedroht die Welt täglich aufs Neue, indem sie die Sonnenbarke angreift. Im Kampf mit Apophis verfärbt sich der Himmel rot.
Es gibt zwei Tageszeiten, wo dies der Fall ist, bei Sonnenauf- und bei Sonnenuntergang. Deshalb wurden Sonnenhymnen sowohl am Morgen als auch am Abend gesungen. Sie sollten helfen, den Kampf zu gewinnen und damit den Fortlauf der Welt zu ermöglichen.
Der Sonnengott ist hell und spendet der Welt Licht und Wärme. Entsprechend wird Apophis die Dunkelheit zugeschrieben. Nach der Überlieferung wohnt Apophis im Westgebirge. (= Abendzeit des Sonnenuntergangs.) Auch Sonnenfinsternisse oder die abnehmenden Phasen des Mondes wurden als Verkörperungen von Apophis gesehen. Doch werden auch alle zerstörerischen Naturkräfte Apophis zugeschrieben, also Unwetter, Stürme etc.
Gleichsetzung mit Seth
Deshalb wurden die Unwetter später mit dem ägyptischen Gott Seth gleich gesetzt. Er entwickelte sich mehr und mehr zu einer zerstörerischen Kraft. Das war aber nicht immer so. Seth wurde in früheren Texten als Helfer des Sonnengottes angesehen. Er konnte als Einziger der Apophisschlange ins Auge sehen. Er tötete sie mit seinem Speer (siehe Artikel: Seth - Gott der Kraft).
Im weiteren Verlauf wurde Seth zum Verursacher allen Übels, aller Unwetter und zerstörerischen Kräfte. Insofern konnte eine Identifikation mit Apophis nicht ausbleiben. Seth wurde wie Apophis zum
Feind des Sonnengottes (Re), zum Feind des Osiris (siehe Artikel: Seth und Osiris), zum Feind des Horus (siehe Artikel: Seth und Horus), etc. Als Feind des Osiris bedroht er auch die Unterwelt, also die Welt der Toten. Die ägyptischen Totentexte beschreiben genau, welche Abwehrzauber und Formeln man kennen muss, um Apophis (Schlangen und Krokodilen) zu entkommen.
Formen des Todes
Apophis erleidet viele Tode. Sie muss täglich aufs Neue getötet werden. Im übertragenden Sinne ist das Leben: ein immerwährender Kampf gegen den Tod, ein sich wiederholender Kreislauf von Geburt, Leben und Tod, ein ewiger Kampf zwischen dem Guten und Bösen. Apophis Todesarten sind vielseitig. Sie wird zerschnitten, durchbohrt, verbrannt und geköpft. Auch die Schlange lässt sich vieles einfallen, um die Fahrt der Sonnenbarke zu behindern bzw. aufzuhalten. Sie säuft das Fahrwasser der Barke aus ("der, den Nun einschlürft"). Damit setzt sie das Schiff aufs Trockene. Des Weiteren erzeugt sie durch ihre Windungen Sandbänke, auf denen die Barke fest sitzt. In der Unterwelt wird Apophis gefräßig. Deshalb muss sie durch Zaubersprüche dazu gezwungen werden alles auszuspeien, was sie gefressen hat.
Den Kampf selbst fechten meist die Kinder des Geb aus, die Re auf seiner Sonnenbarke begleiten.
Die Schlangengottheit der Unterwelt personifiziert die Finsternis, das Böse und das Chaos. Apophis bedroht die Sonnenbarke des Re während der nächtlichen Fahrt durch die Unterwelt und wird dabei zwar besiegt, aber nie zerstört. Seth beschützt das Boot des Re und bezwingt Apophis mit seiner Stärke und seinen magischen Kräften. Auch wenn Seth an dieser Stelle als Gegner des Apophis auftritt, verkörpert er ansonsten, ebenso wie die Schlange, die feindlichen Kräfte, deren Ziel die Zerstörung der bestehenden Götterordnung ist.
Der Name Apophis bedeutet nach dem koptischen "Apoph" etwa soviel wie "Riese" und mag so etwas wie Riesenschlange bedeuten. Erstmals begegnet uns uns dieses Wort in einem Text der religiösen Literatur, die auf die Bedrohung des Sonnengottes auf seiner Himmelsbahn anspielt, in Sprüchen, die die Abwehr des Feindes des Rê gewährleisten sollen.
Der Name von Apophis und die Vorstellung des einfachen Ägypters als gefährliche Schlange steht in Parallele zu ähnlichen Wesen, meist mit apotropäischen Namen, wie der Rik- oder Nik "der zu strafenden" Schlange (Totenbuch Kap. 39) oder dem "vernichtungswerten" Schlangenfeind im Totenbuch. Kap. 115.
Das Ausgangsmotiv ist die Verkörperung der dem Himmelsherrn entgegenwirkenden Naturkräfte, vor allem der Dunkelheit, die sich auswirkt bei Sonnenfinsternissen, beim Abnehmen des Mondes, bei Bewölkung usw. Gegen sie muß die Sonne beim Aufgang aus dem Dunkel der Unterwelt täglich einen Kampf bestehen und sie muß sich weiter beim Eintritt ins Westland besonders vor ihr bewahren. Daher begegnen zwei Abwandlungen des Stoffes: Kampf am Osthimmel am Morgen und Bedrohung des Sonnenschiffes am Westgebirge am Abend "die Seele des Apophis wohnt im Westberg". Daher auch die helfenden Sonnenhymnen am Morgen und Abend (Totenbuch Kap. 15 A/B).
Mythologische Verbindungen führen früh zu der Sage vom Streit zweier Rivalen um Königtum und Herrschaft (Osiris und Seth, Horus und Seth, Re und die Schlange in Totenbuch Kap. 115, Sagen von den Königen Sesostris und Sethos) und darüber zu dem von der Empörung des ersten Geschlechtes gegen den Schöpfer und Himmelsherrn (Re-Atum und die "Kinder der Nut"). Denn auch Apophis ist ein "Empörer". Als nahe verwandt gesellt sich dazu das Motiv eines dem jugendlichen Weltgott nachstellenden Feindes, indem jener früh die Züge als Sonnen- und Himmelsgott annimmt, sein Gegenspieler daher die Macht der Finsternis verkörpert. Weiter liegt die Verknüpfung mit Seth nahe, da dieser als Herr der Wüste auch die von dort einbrechenden Unwetter sendet. Daher erscheinen in den späten Götterannalen die "Söhne des Apophis" als aus der Wüste in das Ostdelta eindringende Feindeshorden.
Die von den ägyptischen Theologen viel bemerkte Gleichartigkeit der Bedrohung des Sonnengottes auf seiner Fahrt und der Nachstellungen des Seth gegen Osiris und das Horuskind brachte die letzte Entwicklung nahe: Apophis wird Seth gleichgesetzt, beide werden zum Götterfeind schlechthin. Das kam auch der Sinnesart des halb solar, halb osirianisch eingestellten Totenglaubens weithin entgegen, nach dem der Tote als Osiris die Fahri des Sonnenschiffes mitmacht wie Re und Horus und daher auch vor allen ihren Bedrohungen geschützt werden muß, das gilt natürlich vor allem füi den Aufenthalt im Jenseits, in Westen und Unterwelt (Totenbuch Kap. 39). Die Feinde des Re und seines Schiffe sind somit den "Feinden des Osirisgleich (Tb. Kap. 134, Kap. 15 B Schluß. teil nach Af). Darum ist die Totenliteratur unsere Hauptquelle über Apophis und seine Abwehr.
Am deutlichsten zeichnet sich das Wesen des Apophis in den Sonnenhymnen ab. Er wird vor der Barke des Re mit Messern zerschnitten, mit der Lanze erstochen oder im Feuer verbrannt wobei der Gedanke an das Sonnenauge bzw. den Uräus einspringt "Seine Stirnschlange speit Feuer gegen ihre Scheitel und vernichtet ihre Leiber . . . . . . so daß es ihnen wie Apophis am Morgen des Neujahrs ergeht'.
Dieser Kampf erneuert sich täglich.Die Feindschaft der Schlange äussert sich verschieden: einerseits scheint sie das Fahrwasser auszusaufen und dadurch das Schiff des Rê auf's Trockene zu setzen ("der den Nun einschlürft") oder sie hemmt die Fahrt durch ihre Windungen analog von Sandbänken (Totenbuch Kap. 7 "Spruch für das Vorbeigehen an den Windungen des elenden Apophis" - zu beachten auch der Jubel der Götter über die Niederlage des Seth im Sonnenschiff, "nachdem es an den Sandbänken vorbeigekommen ist").
Das selbe Motiv erscheint auch beider Schilderung steriler Gegenden der Unterwelt, wo ebenfalls Apophis besiegt werden muss (Amduat, 7. Stunde). Durch Zauber muss hier Apophis gezwungen werden, auszuspeien, was sie eingeschlürft hat. Dabei erscheint Seth als "zauberreicher Gott" und Helfer des Sonnengottes, was beweist, das Seth ursprünglich mit Apophis nichts zu tun hatte. Sonst wird der Kampf gegen Apophis allgemein den Kindern der Geb, das heisst, den Begleitgöttern übertragen.