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Dieses Thema hat 4 Antworten
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 Urgrund
Göttin Lilif Offline




Beiträge: 353

09.01.2013 17:56
RE: Die Mannigfaltigkeit der Quellen / Diverse Mythen Antworten

Genesis: eine Travestie
21. August 2010
In der biblischen Schöpfungsgeschichte können wir die Schöpfergöttin noch immer finden. Zum Beispiel schimmert sie in Gen 1,12 durch, wo nicht etwa Jahwe, sondern Adama, also Mutter Erde die Pflanzen hervorbringt. Aus ihr wurde auch Adam geformt.

Ähnliche Anklänge an die Erd- und Muttergöttin finden sich in Gen 3,20, wo Eva die „Mutter alles Lebendigen“ genannt wird. Ja, man kann so weit gehen, daß Eva von Jahwe verdrängt wurde – daß Eva die ursprüngliche Schöpfergöttin war. Eva war diejenige, die auch Adam hervorgebracht hat. So interpretiert jedenfalls Gerda Weiler Gen 4,1, wo Eva sagt, sie habe mit dem Herrn einen Mann geboren.

Dieser Sohn ist eigentlich Adam, das uranfängliche Mannesgeschöpf. Doch die Bibel macht Kain daraus und rückt die erste Menschengeburt in die zweite Generation – eine häufig angewandte Methode in der Religionsgeschichte, mit der die Herrin aus ihrer universalen Stellung verdrängt wird. (Ich verwerfe im Lande die Kriege, München 1984, S. 63f)

Wenn in Gen 2,7 Vatergott Jahwe den Menschen aus Erde formt, ist daran zu denken, daß in den älteren Texten des Orients es eine Muttergottheit war, die den Menschen „töpferte“. So formt z.B. die sumerische Muttergöttin Nammu den Menschen nach dem Abbild der Götter aus Lehm.

In seinem Buch über „Die schöpferische Rolle der Frau in der Menschheitsgeschichte“ verweist Hans Biedermann auf den babylonischen Gilgamesch-Epos, in dem der Göttervater Anu „die Bildnerin Aruru“ beauftragte, einen großem Menschen zu formen, der ein Gefährte von Gilgamesch sein sollte. Daraufhin knetete Aruru Lehm und gestaltete eine Form, die Aruru schließlich anspie und auf diese Weise zum Leben erweckte. So entstand Enkidu (Die Großen Mütter, München 1989, S. 124).

In der Bibel formt der Gottvater den Menschen gleich selbst und haucht ihm auch selbst das Leben ein. Doch wenn der Mann Jahwe so als Töpfer auftritt (Ijob 10,9; Jes 45,9; Jer 18,6), dürfen wir nicht vergessen, daß die Töpferei unbezweifelbar Kulturgut der Frauen war, die die keramische Tradition hüteten (ebd., S. 45). Schon deshalb und nicht nur aus der historischen Entwicklung der Mythen heraus ist die Vorstellung im strengsten Sinne häretisch, der Vatergott habe Adam aus Lehm geschaffen! Dazu kann man Jes 29,16 paraphrasieren: Du bildest dir ein, du könntest die Rollen vertauschen! Der Ton kann doch nicht so tun, als wäre er der Töpfer! Oder kann das Werk zu seiner Schöpferin sagen: „Sie hat mich nicht gemacht“? Kann das Tongefäß von der Töpferin sagen: „Sie versteht nichts davon“?

In Sumer hieß der Garten Eden „Dilmun“. Man kann Dilmun sicherlich als Oase deuten, die ständig von der Wüste bedroht wird. Dilmun war ein Paradies ohne Krankheit und Tod, nur daß es an Wasser mangelte. Herrscherin über Dilmun ist die Muttergöttin Ninhursag. In der Oase ließ Ninhursag acht Gewächse wachsen. Nach denen gelüstete es dem Wassergott Enki, der seinen Boten, den Gott Isinud ausschickte, ihm die Gewächse zu bringen. Als Ninhursag davon erfuhr, erzürnte sie wider Enki und verhängte – nach dem bekannten Muster, wonach die Muttergöttin immer „böser“ wurde – den Fluch des Todes über ihn. Immerhin zeigt dies aber, daß in Sumer „Eva“ noch die Souveränin des Gartens war. Ihr gehören die Bäume im Paradies. Und auch dies ist kulturhistorisch stimmig, denn es waren mit Sicherheit Frauen, die die ersten Gärten und Haine anlegten, in denen die männlichen Jäger fremde Eindringlinge waren.

Noch in der Bibel scheint dieses weibliche aktive Moment durch, wenn (im Gegensatz zum vollständig patriarchalen Mythos des klassischen Griechenlands wo es Paris ist, der Aphrodite den Apfel reicht) Eva diejenige ist, die dem passiven Adam den Apfel übergibt. Weiler führt an, daß schon Steinzeitgöttinnen mit dem Apfel in der Hand dargestellt wurden. Es gäbe z.B. eine Abbildung, die Adanos von Hebron darstellt, der durch einen Apfel von der Mutter allen Lebens unsterblich gemacht wird. Auch die griechische Hera besitze einen Hain mit Apfelbäumen im Westen der Welt.

Die germanische Freyja verfügt über einen Apfelgarten, dessen Früchte von den Göttern begehrt sind, weil der Genuß des Apfels ewige Jugend verleiht. (Ich verwerfe im Lande die Kriege, S. 288)

Die aktive Rolle, die Eva in der biblischen Erzählung spielt, wird (wie üblich) so von den Redaktoren vorbereitet, daß es dem Leser entweder nicht auffällt oder wie eine teuflische Umkehrung der ursprünglichen Schöpfungsordnung erscheinen muß. Die Bibel läßt ja zunächst in Gen 2,21f die Frau durch den Vatergott aus der Rippe des Mannes erschaffen. Im Mittelalter verschärften die Christen diese Widernatürlichkeit ins Extrem, indem man es nicht nur so interpretierte, daß Jahwe Eva aus der Rippe Adams geformt hatte, sondern Eva von Gott aus der Seite Adams herausgezogen wird, so wie ein Kind seine Mutter verläßt: Adam wird zur Mutter Evas! (Biedermann, S. 110). In die gleiche Kategorie gehört, daß Adam Eva ihren Namen gab (Gen 3,20), so wie er vorher die Tiere benannt hatte (Gen 2,20).

Die Erschaffung der Frau aus der Rippe des Mannes ist ganz eindeutig einem verhunzten matriarchalen Mythos entsprungen. Im Sumerischen wurden „Rippe“ und „Leben“ mit ein und demselben Wort bezeichnet. Im sumerischen Götterhimmel gab es eine „Herrin der Rippe“ namens Nin-ti, die die Rippe des erkrankten Gottes Enki geheilt hat. Ninti heißt aber gleichzeitig auch „Herrin, die das Leben gibt“ (Helmut Uhlig: Die Sumerer, München 1976, S. 85).

Ähnlich gelagert ist die zweite, parallele, Erschaffung der Frau. Nach Gen 1,27 schuf Gott „den Menschen nach seinem Bild, er schuf Mann und Frau“. Folglich ist Eva, die Mutter des Lebendigen, ein bloßes Geschöpf Gottes. Die hermaphroditische Gottheit, die damit impliziert wird ist ein typischer Ausdruck des Patriarchats. James DeMeo zufolge kam es in Griechenland erst zu derartigen Gottheiten als päderastische „Beziehungen“ institutionalisiert wurden bei gleichzeitigem Verbot von Beziehungen zwischen Jungen und Mädchen; rituelle Opferungen von Frauen auftraten, weibliche Babys getötet wurden, etc. (Saharasia, Greensprings, Oregon 1986, S. 300f).

Ursprünglich, im Matriarchat, galt

die Schöpfung als Werk der weiblichen hervorbringenden Kraft [die kosmische Orgonenergie], und der „Gott“ ist das Geschöpf, das wie die Natur sterblich ist. Auch Jahwe ist sterblich. In dem Menschensohn, seiner irdischen Inkarnation, wird er ununterbrochen wiedergeboren – von Adam bis David und Christus. (Weile, S. 273)

Der Sohn wurde zum Vatergott, der schließlich die Stellung der Muttergöttin ganz offen usurpierte: „Ich werde euch trösten, wie eine Mutter tröstet“ (Jes 66,13). In Hos 14,9 heißt es sogar: „Ich bin eure Anat und eure Aschera!“ Um sich durchsetzen zu können mußte Jahwe in die Kleider der Göttin schlüpfen.

Mit der merkwürdigen Rolle, die eines der zentralen Symbole des Matriarchats, die Schlange, in der Bibel spielt, habe ich mich in Die gekreuzigte Schlange beschäftigt. In der Sündenfallgeschichte wird die Schlange natürlich mit dem Teufel, d.h. dem Gegenspieler Gottes, gleichgesetzt.

Den Kampf zwischen Patriarchat und Matriarchat findet sich im Götterpantheon widergespiegelt, wobei es zu einer merkwürdigen Verkehrung kommt. Mehr und mehr steht die patriarchale Seite für den Sieg der Ordnung und fruchtbarkeitsspendenden Regen gegen das weiblich konnotierte Chaos, das wütende Meer, Tod und Dürre; eine Umwertung aller Werte:



Diese Umwertung geht mit einer allgemeinen Verwirrung anheim, so daß Matriarchatsforscherinnen z.B. Baal als „Heros der Göttin“ Anat interpretieren, der seinen Konkurrenten Jam beseitigt, den weiblich aufgefaßte Drachen Tannin und das ebenfalls weiblich aufgefaßten Ungeheuer Lotan erschlägt, um mit seiner Göttin die Heilige Hochzeit feiern zu können, die auf magische Weise das ausgedörrte Land befruchtet (Weiler, S. 45f). Ein heilloses Durcheinander.

Doris Wolf legt in ihrem Buch Was war vor den Pharaonen? (Zürich 1994) dar, daß Seth vor dem Einbruch des Patriarchats eine weibliche Gottheit aus Oberägypten war, aus der dann ein mörderischer Wüstengott gemacht wurde. Aus der Muttergöttin wurde – Satan.

https://nachrichtenbrief.wordpress.com/tag/apophis/

Nonte Jeda Kondon Us Travera - Sudoma

Göttin Lilif Offline




Beiträge: 353

09.01.2013 18:02
#2 RE: Die Mannigfaltigkeit der Quellen / Diverse Mythen Antworten

Die gekreuzigte Schlange
7. Januar 2010
Den Kirchenvätern zufolge kam Christus in die Welt und erlitt den Kreuzestod, um das Geschehen im Garten Eden wieder rückgängig zu machen, als der Teufel, in Gestalt einer Schlange, Macht über uns gewann. Durch die Trennung von Gott wurden wir nun „erpreßbar“, da wir nun Angst vor dem Tod hatten.

Die Schlange (der Teufel) beherrscht uns, weil wir Angst vor ihrem tödlichen Biß haben. In der Eucharistie kosten wir vom Baum des Lebens und werden so teilhaftig am ewigen Leben, entsprechend hat die Schlange (der Teufel) keine Macht mehr über Christen. Christus am Kreuz ist identisch mit der Frucht am Baum des Lebens im Paradies. Von ihr kosten wir in der Eucharistie und werden so aus den Fängen der Schlange (des Teufels) befreit.

Es gibt jedoch in der Bibel eine noch weit eindeutigere Allegorie für das Geschehen auf Golgatha: „die erhöhte Schlange, die vom Schlangenbiß rettet“ (Num 21,4-9). Bei Joh 3,14 wird dies mit der Kreuzigung Christi in Zusammenhang gebracht. Zusammen mit dem altisraelitischen Schlangenkult (Num 21,8f und 2 Kön 18,4) – macht das, streng biblisch gesehen, Christus zur „gekreuzigten Schlange“.

Man vergleiche Mt 10,16 („Seid klug wie die Schlangen.“) mit Gen 3,1-14. Mit der Schlange, dem Lichtbringer-Christus im Garten Eden, stellt sich Jesus auf die Seite der ursprünglichen Geschöpfe gegen die abtrünnigen Engel (vgl. 1 Kor 6,3; 2 Petr 2,4; Jud 6), die mit „flammenden Schwertern“ (sengende Sonne, Dürre) Gottes Geschöpfe aus dem Paradies vertrieben haben.

Christus als Schlange verweist auf die matriarchalen Tiefenschichten der Bibel. Da wäre zunächst Eva selbst:

Sie, die doch die Mutter alles Lebendigen genannt wird (Gen 3,20), taucht im ganzen Alten Testament nicht wieder auf. Was wohl daran liegt, daß Chawwa (hebräisch Eva) zu sehr an die phönizische Schlangengöttin Hewa erinnerte. Im Aramäischen, die Sprache die Jesus sprach, und im Syrischen heißt die Schlange Häwja.

Die Schlange war immer das Symbol chtonischer Göttinnen, wie Hera („Herrin“ = Eva?), Persephone und Pythia („Pythonschlange“). Um so auffälliger ist, daß Jesaja in seiner Berufungsvision Gott von Seraphen umgeben sah (Jes 6,2). „Seraphen“ waren Engel, die man sich mit einem Schlangenleib vorstellte. Es waren ursprünglich die Schlangen der Erdgöttin – die nun im salomonischen Tempel die (nur geborgte) Göttlichkeit Jahwes symbolisieren.

Selbst die zentrale Gestalt des Jahwe-Glaubens, Moses war ursprünglich ein matriarchaler Heros, dessen Attribut die Schlange war. Man denke nur an die Verwandlung seines Stockes in eine Schlange (Ex 4,2-4; 7,9-12.15) oder an den besagten Schlangenkult, den er initiiert haben soll (Num 21,4-9)! Moses „eherne Schlange“ wurde später von König Hiskija von Juda (725-697) wieder zerschlagen. (2 Kön 18,4) Warum? Weil die Schlange (genauso wie auch das „Goldene Kalb“) zu sehr an die Erdgöttin Eva (bzw. ihren Heros) erinnerte?

Die „eherne Schlange“, die vor der Aktion Hiskijas im salomonischen Tempel mit Räucheropfern verehrt wurde, hieß hebräisch „Nehuschtan“. (2 Kön 18,4) Die letzte herrschende Königsmutter von Jerusalem (die Mutter von Jojachia reg 598/597) hieß aber ebenfalls Nehuschta. (2 Kön 24,8) Was nur bedeuten kann, daß der Kult der Schlangengöttin so fest verankert war, daß er auch nach Hiskija ganz offiziell weiter gepflegt wurde, denn ansonsten wäre es undenkbar, daß sich eine regierende Königmutter nach der „Götzin“ benannt hätte! (Gerda Weiler: Ich verwerfe im Lande die Kriege, München 1984, S. 325)

Die Verbindung zwischen Christus und der Schlange ist deshalb so bemerkenswert, weil sie nicht nur das Matriarchat verkörpert, sondern die „schlängelnde“ Bewegung der kosmischen Lebensenergie. Die Schlange verkörpert das ungepanzerte Lebendige.

https://nachrichtenbrief.wordpress.com/tag/satan/

Nonte Jeda Kondon Us Travera - Sudoma

Göttin Lilif Offline




Beiträge: 353

09.01.2013 18:08
#3 RE: Die Mannigfaltigkeit der Quellen / Diverse Mythen Antworten

Die „Vergeistigung“ der Gottesvorstellung in Juda war nichts weiter als ein Rückfall in die passive Analität mit passiv femininer Unterwerfung, zwanghaften Ritualen und Gesetzen und mit masochistischer Religiosität. Es fand eine kollektive Kastration statt, die noch heute aus den Gläubigen solche gebrochenen Gestalten mit der typisch weinerlichen Stimme und Gedrücktheit macht. Von gläubigen Christen geht die gleiche depressive Grundstimmung aus, wie von Menschen, die in ihrer Kindheit sexuell mißbraucht worden sind. Sie identifizieren sich mit dem Sohn, der von seinem Vater an ein Kreuz genagelt und zu Tode gefoltert worden ist.

Ein Dämon, den wir erst vernichten können, wenn wir die historische Genese des Fluchs, die historische Genese Gottes durchschaut haben. Hier hat die Orgonomie eher Schaden angerichtet, mit ihrem fatalen Hang alles zu ontologisieren, was funktionell der verfrühten, bzw. zu tiefen Deutung in der Charakteranalyse entspricht. Gott wird zum „kosmischen Orgon“ gemacht und auf diese Weise wird er nur noch fester in den Seelen der Menschen verankert. Das „Kosmische“ fand im radikalen Monotheismus des „kosmischen“ Jahwe seine erste Ausprägung. Aus einem Gott, der seinen Platz auf Bergen, in Wolken und schließlich im Tempel hatte, wurde ein Gott, der über der Welt thront. Doch dies war paradoxerweise ein ähnlicher Abfall vom Grundwesen der jüdischen Religion wie später die Ausformung eines „kosmischen Messias“ durch die Christen. Aus einem Menschen wurde Gott – der schlimmste Götzendienst, den man sich vorstellen kann.

aus: https://nachrichtenbrief.wordpress.com/tag/jahwe/

Nonte Jeda Kondon Us Travera - Sudoma

Göttin Lilif Offline




Beiträge: 353

09.01.2013 18:25
#4 RE: Die Mannigfaltigkeit der Quellen / Diverse Mythen Antworten

Die Schöpfungsgeschichte zu Beginn der Bibel Gen 1,1-2.4a entstammt der „Priesterschrift“, die im babylonischen Exil (6. Jh.v.Chr.) entstand und die Heilsgeschichte von der Schöpfung bis zum Einzug ins Gelobte Land beschrieb. Später wurde die Priesterschrift in die fünf Bücher Mose eingearbeitet. Die Priesterschrift stellt die Geschichte als eine patriarchale Genealogie dar, als Stammbaum: Gen 1,1-2.4a; 5; 10; 11. Man bekommt hier den Eindruck, daß die zyklische, spiralige Zeitauffassung des Matriarchats, wo die Schöpfung eine Aufeinanderfolge von Geburten durch die Göttermutter ist, nachträglich in eine abstrakte Abfolge „linearisiert“ wurde. Bei dieser Umarbeitung vom Funktionellen zum Kausalen ist die große Ungereimtheit entstanden, daß Gott Befehle gibt („Licht soll aufstrahlen!“), aber vollkommen im Dunkeln bleibt, wem er eigentlich diesen Befehl erteilt. So etwas passiert, wenn man organismisches Denken in ein mechano-mystisches Denken überführt.

Einer anderen Tradition, in der die Schöpfung weniger ein Geburts- als eine Opferhandlung ist, entstammt das „jahwistische Geschichtswerk“, das zur Zeit Salomos (9. Jh.) entstand. Auch diese Schrift wurde in die Bücher Mose eingearbeitet, so daß wir heute zwei Schöpfungsgeschichten vor uns haben. Die jahwistische Schöpfungsgeschichte (Gen 2,4b-25) fängt wie folgt an:

Als Gott, der Herr, Erde und Himmel machte, gab es zunächst noch kein Gras und keinen Busch in der Steppe; denn Gott hatte es noch nicht regnen lassen. Es war auch noch niemand da, der das Land bebauen konnte.

Othmar Keel und Max Küchler haben in ihrer vergleichenden Übersicht diese Stelle mit folgendem Auszug aus dem babylonischen Epos Enuma Elisch (um 1800 v.Chr.) parallel gesetzt:

Als der Himmel droben noch keinen Namen hatte, als unten das Festland noch keinen Namen trug, da war nichts vorhanden außer dem uranfänglichen Apsu (das Süßwasser – Seen und Grundwasser), ihren (der Götter) Erzeuger, (und) der Gebärerin Tiamat (das salzige Meerwasser), die sie (die Götter) dann alle gebar, die ihre Wasser durcheinander mengten. Als das (abgestorbene) Schilf sich noch nicht angehäuft hatte, als der Sumpfboden noch nicht zu sehen war, als noch kein einziger Gott da war, keiner beim Namen genannt wurde und noch keinem sein Geschick bestimmt war… (Synoptische Texte aus der Genesis, Fribourg 1971)

Schließlich wird die zum Untier Tiamat verteufelte Weltgebärerin vom patriarchalen Vatergott Marduk getötet. Diese Tat stellt die eigentliche Schöpfung dar. Im Enuma Elisch spiegelt sich also der Sieg des Patriarchats (die semitischen Babylonier) über das Matriarchat (die „schwarzköpfigen“ Sumerer) wider.

Daß man das typisch patriarchalische Abschlachten wirklich wörtlich nehmen muß, ist an einem bestimmten Brauch ersichtlich, der auf dem Mythos vom Mord an der zum Drachen dämonisierten Großen Mutter basiert. Vollzogen patriarchalisch infizierte Menschen die Schöpfung nach, indem sie ein Bauwerk errichteten, ging dies mit der kultischen Opferung von Menschen einher. Zum Beispiel wurden Kinder lebendig ins Fundament eingegraben, damit das künstlich Geschaffene genauso beständig sei, wie die natürliche Welt, die ihren Fortbestand der vorgeschichtlichen Großen Opferung zu danken hat (Ready Tannahill: Fleisch und Blut, München 1979, S. 37).


Die Urschlacht, in der wenigstens (wie auch immer) die Große Göttin erscheint, läßt sich in Gen 1,2 allenfalls noch ganz fern erahnen. Jedoch in den poetischen Werken des Alten Testaments, die viel von der kanaanitischen Naturreligionen bewahrt haben, finden sich noch eindeutige Hinweise auf diese „Urschlacht“. Im Buch Ijob steht, Jahwe habe mit seiner Kraft das Meer besiegt und mit seinem Können das Meerungeheuer Rahab umgebracht (Ijob 26,12). Jahwe fragt:

Wer hat das Meer mit Toren abgesperrt, als es hervorbrach aus dem Schoß der Erde? Ich war’s (…) Ich gab ihm seine vorbestimmten Grenzen, schloß es mit Tor und Riegel sicher ein. Ich sagte ihm: „Bis hierher und nicht weiter! Hier hört der Hochmut deiner Wellen auf!“ (Ijob 38,8-11)

Man vergleiche dies mit den parallelen Aussagen in Ps 74,12-17; 77,17-21 (wo dieses Thema auf interessante Weise mit dem Durchzug durch das Rote Meer verknüpft wird); 89,10f und 104,26. Wo schließlich die patriarchale Überhebung Jahwes ihren Höhepunkt findet, wenn er behaupten läßt, er habe die Meerungeheuer geschaffen, was natürlich impliziert, er sei ursprünglicher als die Große Göttin, die er abschlachtet. (Kanaanitische Göttinnen wie Aschera und Astarte waren mythologisch immer mit dem Meer verbunden, während Jahwe „ein Gott gegen das Meer“ war.)

Daß übrigens der Mord an der Göttin und der Exodus engstens miteinander verbunden sind, zeigt auch folgende Stelle bei Jes 51,9f:

Du warst es (…), der den Drachen Rahab durchbohrt und zerteilt hat. Du warst es, der das Urmeer austrocknen ließ. Und du warst es, der mitten durch das Meer einen Weg bahnte, damit das befreite Volk durchziehen konnte.
Die Utopie der Jahwe-Anhänger ist die vollständige Durchsetzung des Patriarchats, wenn alles „Böse“ und „Chaotische“ besiegt sein wird.


aus: https://nachrichtenbrief.wordpress.com/t...ungsgeschichte/

Nonte Jeda Kondon Us Travera - Sudoma

Göttin Lilif Offline




Beiträge: 353

09.01.2013 18:29
#5 RE: Die Mannigfaltigkeit der Quellen / Diverse Mythen Antworten

Daß noch im 2. Jahrhundert die Große Göttin als höchste Gottheit gelten konnte, zeigt ihre folgende „Selbstdarstellung“ aus der Hand des römischen Autors Apulejus von Madaura in Nordafrika:

Ich, Allmutter Natur, Beherrscherin der Elemente, der Zeit erstgeborenes Kind, Höchste der Gottheiten (!), Königin der Manen (Ahnengeister), Erste der Himmlischen – ich, die ich in mir allein die Form alles Götter und Göttinnen vereine, die ich mit einem Wink über des Himmels lichte Gewölbe, die heilenden Lüfte des Meeres und die kläglichen Schatten der Unterwelt gebiete (…) Ich allein bin die Gottheit, die unter mancherlei Gestalten, unter verschiedenen Bräuchen und vielerlei Namen vom ganzen Erdkreis verehrt wird: denn mich nennen die Erstgeborenen unter den Menschen, die Phryger [in Kleinasien], die pessiunitische Göttermutter [Kybele]. Für die Athener, die Kinder ihres eigenen Landes, bin ich die Minerva der Kekropen, für die Leute der Insel Zypern die Venus von Paphos. Den pfeilführenden Kretern bin ich die dictynnische Diana, den dreisprachigen Siziliern die stygische Proserpina, den Eleusiniern die alte Göttin Ceres (Demeter). Andere nennen mich Juno, andere Bellona, andere Hekate, andere Rhamnusia. Die aber, die von der aufgehenden Sonne mit ihren ersten Strahlen beleuchtet werden, die Aithiopen, aber auch die Arier und die Besitzer der ältesten Weisheit, die Ägypter, die mich mit den am meisten angemessenen, eigensten Gebräuchen verehren: sie geben mir meinen wahren Namen – Königin Isis (…) Aus Erbarmen über dein Unglück erscheine ich dir, ich komme zu dir in Huld und Gnade (…) Der Tag deines Heiles ist gekommen, kraft meiner Allmacht. Öffne nur deine bekümmerte Seele meinem göttlichen Gebot! (z.n. Biedermann, S. 88f)

Diese vielgestaltige SIE war die griechische Erdmutter Demeter, die um ihr göttliches Kind trauert, das in die Unterwelt verbannt ist; die „Dea Syria“ Atargatis mit ihrem christusgleichen Heros Hadad, der auch in der Bibel erwähnt wird (Sachl 2,11); die Aphrodite Urania des Himmels und die Magna Mater der Erde; Anahita, Mutter und Schützerin der persischen Könige; Ariadne, ihr Christus war der zerrissene und wiederauferstandene Dionysos-Zagreus; die himmlische Jungfrau Athene; die keltische Göttin Dana mit ihrem „Kessel des Überflusses“, woraus später der Heilige Gral wurde; Danae, die den griechischen Sagenhelden Perseus durch einen Goldregen vom Himmel empfing; Frigga, die Gattin des germanischen Vatergottes Odin; Hagia Sophia, die gräzisierte Große Göttin Palästinas; der Kult der Vesta, bei dem die jungfräulichen Vestalinnen das ewige Feuer des Staatsherdes unterhielten. Diese willkürlich zusammengefügte Liste ließe sich beliebig fortführen und erst allmählich würde sich herausschälen, was alles zur Gestalt der Maria verschmolz.

Interessanterweise ist das Emblem der Europäischen Union nichts anderes als das Marienbanner: 12 kreisförmig angeordnete goldene Sterne auf blauem Grund. Das konnte passieren, weil vor zig Jahren einem EU-Beamten gesagt wurde, er solle sich doch mal eine passende Flagge für die EU ausdenken. Zufälligerweise war er fundamentalistischer Katholik. Die Europa-Fahne subsummiert die Entwicklung der letzten 6000 Jahre, außerdem ist eine „orgonomischere“ Flagge kaum vorstellbar.

https://nachrichtenbrief.wordpress.com/tag/muttergottin/

[ Editiert von Administrator Göttin Lilif am 09.01.13 18:30 ]

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