DIE MISTEL – EIN SAGENUMWOBENES KRAUT Schon die verschiedenen Namen, welche die Mistel zusätzlich trägt, lassen erkennen, wie mystisch und zauberhaft diese Pflanze ist. Bezeichnungen, wie Gespensterrute, Hexenbesen oder Drudenfuß erinnern an uralte Zeiten, in denen die Druiden mit ihren Sicheln Misteln geerntet haben, um diese als Heilmittel zu nutzen. Die Druiden hatten den Glauben, dass diese Pflanze niemals den Boden berühren dürfe, sie wurde deshalb auch als „Himmelskind“ bezeichnet. Vielleicht geht die Bezeichnung auch auf die Verbreitung der Mistel durch die Drosseln zurück, die die Beeren verspeisen, den Mistelkern dann wieder abgeben und so an andere Orte bringen.
In früheren Zeiten war die Mistel (lat. Viscum album) als Allheilmittel bekannt. Pfarrer Kneipp setzte sie vor allem als Kreislauf unterstützendes Mittel ein. Hildegard von Bingen bereitete daraus einen sogenannten „Mistelschleim“, der bei Leberleiden helfen sollte. Auch Hippokrates verwendete die Mistel zu Heilzwecken. Die mystischen Wirkungen sind bis heute bekannt. So wird ein Mistelzweig in manchen Regionen immer noch als Weihnachtsschmuck zum Schutz vor Bösem an die Haustüre gehängt. Küsst sich ein Paar unter einem Mistelzweig, so verspricht dies dem Volksglauben zufolge Glück und Liebe für die Beiden.
Heutzutage findet die Mistel Anwendung bei Blutdruckanomalien, sowohl bei zu hohem als auch zu niedrigem Blutdruck, bei Herz- und Kreislaufbeschwerden, Stoffwechselerkrankungen und in der Krebstherapie. In der naturheilkundlichen Behandlung von Frauen wird sie bei Menstruationsstörungen, Wechseljahrsbeschwerden und gutartigen Tumoren eingesetzt.
DIE MISTEL EIN HALBSCHMAROTZER
Die Mistel wächst auf verschiedenen Laub- und Nadelbäumen, sie bevorzugt jedoch Pappeln, Apfelbäume, Tannen und Robinien. Misteln können nur wachsen kann, wenn sie einen Wirt haben, dem sie seiner Nährstoffe berauben können. Die Wirtsbäume sterben hierdurch unter Umständen ab. Allerdings wachsen Misteln sehr langsam und können somit einem großen Baum nicht allzu viel anhaben. Zur Photosynthese sind Misteln selbst fähig.
Die Laubmistel bevorzugt Apfelbäume, die Tannenmistel zieht die Weißtanne vor und die Kiefernmistel wächst gerne auf Kiefern, Lärchen und ab und zu auf Fichten. Die Vermehrung der Mistel geschieht durch Vögel, vor allem Drosseln. Diese fressen die Früchte, der Samen passiert den Verdauungskanal und heftet sich dann an die Äste der Wirtspflanze.
Der Mistelstrauch wird circa einen Meter hoch. Die Zweige sind hellgrün und verzweigen sich immer mehr, bis sie die Form einer Kugel haben. Im Spätherbst sprießen klebrige, weiße Beeren hervor, was sich in dem lateinischem Namen „viscum = klebrig“ widerspiegelt.
Die Blüten der Mistel sind gelblich und duften etwas nach Orange. Männlich und weibliche Blüten unterscheiden sich äußerlich und wachsen auch auf getrennten Bäumen.
Da sich die Mistel auf ihren Wirtsbäumen ähnlich eines Geschwürs ausbreitet und ihre Zweige in jeder Jahreszeit wild wuchernd sprießen, erinnert dies an ein Tumorgeschehen im Inneren des menschlichen Körpers. Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, leitete daraus ab, dass diese Schmarotzerpflanze für den Einsatz in der Krebstherapie geeignet sei. Daraufhin wurde auch das erste Mistelpräparat entwickelt.
MISTELTEE – AUCH ANDERS MÖGLICH
Aus der Mistel wird nicht nur die Teedroge hergestellt, sondern sie ist auch in Form von Urtinkturen, einfachen Tinkturen, Extrakten, Pulver Fertigarzneimitteln, anthroposophischem Heilmitteln und Injektionslösungen im Handel verfügbar.
ZUBEREITUNG DES MISTELTEE
Da die Mistel leicht giftig ist, ist hier auf die Zubereitung eines Kaltauszugs zu achten. Die schwach giftigen Substanzen lösen sich im kalten Wasser nicht auf. Zur Gewinnung des Kaltauszugs wird ein Teelöffel des Mistelkrautes in eine Tasse gegeben und kaltes Wasser aufgegossen. Die zugedeckte Tasse bleibt über Nacht stehen. Am morgen wird das Ganze abgeseiht, leicht auf Trinktemperatur erwärmt und dann in kleinen Schlucken getrunken. Generell sollte ein Heiltee nie länger als sechs Wochen am Stück getrunken werden. Danach ist eine mehrwöchige Pause zu empfehlen.
HEILWIRKUNGEN DES MISTELTEES
Der Misteltee hat Blutdruck regulierende Eigenschaften, demnach kann dieser sowohl bei Bluthochdruck, als auch bei zu niedrigem Blutdruck getrunken werden. Misteltee wirkt ausgleichend auf den Kreislauf, verdauungsfördernd und Stoffwechsel anregend. Auch bei rheumatischen Beschwerden wird dieser verabreicht. Die verschiedenen Eiweißverbindungen in der Mistel aktivieren außerdem die Abwehrkräfte und können das Immunsystem stärken. Aufgrund seiner blutstillenden Eigenschaften kann das Hexenkraut auch bei einer zu starken Periodenblutung Hilfe bringen. Zudem hilft der Missteltee gegen typische Beschwerden der Wechseljahre, wie Herzklopfen, Angstgefühl und Atemnot.
Gerne wird Misteltee eingesetzt um Schwindelattacken zu behandeln und um sich vor Arterienverkalkung (Arteriosklerose) zu schützen. Ein- bis zweimal pro Jahr eine Kur mit Misteltee, greift regulierend in den Blutdruck ein und stabilisiert den Kreislauf.
Da die Mistel eine Stoffwechsel anregende Pflanze ist, findet sie auch Anwendung in der Behandlung von Diabetes mellitus. Eine begleitende Behandlung, neben der Schulmedizin, ist durchaus möglich. Bei Heuschnupfen kann kalter Misteltee geschnupft werden.
MISTELTEE FÜR ÄUSSERE ANWENDUNG
Nach Herstellung eines Kaltauszuges der Mistel, kann dieser auch zu äußerlichen Zwecken verwendet oder ins Badewasser gegeben werden. So tragen Mistelumschläge beispielsweise zur Linderung rheumatischer Beschwerden und neuralgischer Schmerzen bei. Sie helfen bei Krampfadern und unterstützen die Heilung von Ekzemen.
Misteln erwecken seit über 2000 Jahren das Interesse des Menschen. In Miraculix' Gebräu dienen sie gar zur Bekämpfung ganzer Römischer Heere. Ein Merkblatt der Forschungsanstalt WSL stellt die einheimschen Misteln vor.
Wegen ihrer biologischen Eigenarten, ihrer Bedeutung als Kultur- und Heilpflanze oder auch als Kunstmotiv erregt die Mistel seit gut 2000 Jahren das Interesse des Menschen. Die Pflanzen können aber auch Schäden an Bäumen verursachen: Misteln sind Halbparasiten und haben sich über grosse Zeiträume verschiedenen Wirtsbaumarten angepasst. Seit Ende der Sechzigerjahre häufen sich in der Schweiz, aber auch in den benachbarten Ländern Meldungen über eine Zunahme von Misteln an Tannen und Föhren. Die Mistel hat sich offenbar im Bündner Rheintal und im Wallis ausgebreitet. Für die Beurteilung des Befalls und die Einleitung von allfälligen Massnahmen sind Kenntnisse über die Lebensweise der Mistel unerlässlich.
Vorkommen und Systematik
Weltweit gibt es ungefähr 1100 Pflanzenarten, die als "Misteln" bezeichnet werden. Die Gattung Viscum umfasst 70 immergrüne Arten, von denen in Europa lediglich zwei vertreten sind. Die rotbeerige Mistel kommt nur im Mittelmeerraum vor. Alle Misteln in der Schweiz gehören deshalb zur gleichen Art Viscum album. Je nach Wirtsbaum unterscheidet man folgende Unterarten:
Tannenmistel (nur an Weisstanne) Föhrenmistel (Waldföhre, Schwarzföhre, aufrechte Bergföhre. Sehr selten an Fichte) Laubholzmistel (weit über 10 verschiedene Baumarten, auch an Sträuchern. Die Buche wird nie, die Eiche sehr selten besiedelt)
Misteln und Vögel
Misteln und Vögel profitieren gegenseitig voneinander. Früchte und Samen der Misteln sind wichtige Bestandteile der Winternahrung vieler Vogelarten. Andererseits ist die Mistel für die Verbreitung und Keimung ihrer Samen auf Vögel angewiesen. Durch das Auszupfen der Beeren wird die ledrig-zähe Fruchtwand verletzt, die der Mistelkeimling ohne Hilfe von aussen nicht zu durchdringen vermag. Weil die Mistelbeeren nur kurz im Verdauungstrakt der Vögel bleiben, werden sie kaum über grössere Distanzen transportiert. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sind die Mistelsamen zur Keimung aber nicht auf das Durchlaufen des Verdauungstraktes der Vögel angewiesen. Entwicklung der Mistel
Als licht- und wärmeliebende Pflanze gedeiht die Mistel besonders gut auf jungen Wirtszweigen im oberen Bereich der Baumkronen. Misteln wachsen ausgesprochen langsam. Ab dem vierten Alterjahr bilden Misteln jedes Jahr einen Gabelspross, sodass das Alter der Pflanzen einfach zu bestimmen ist. Mistelbüsche werden kaum älter als 30 Jahre. Ab dem fünften Jahr beginnen die Misteln gelbgrün zu blühen. Misteln sind zweihäusig, das heisst es gibt Männchen und Weibchen. Gelangt ein Samen auf einen Baumast, so bildet der Keimling eine Haftscheibe , aus der sich der so genannte Primärsenker entwickelt. Dieser Senker wächst ins Kambium des Astes, aber kaum weiter nach Innen. Im Laufe der Zeit wird der Primärsenker der Mistel vom Holz des wachsenden Astes umschlossen.
Vorkommen und Gegenmassnahmen
Die Mistel ist in den grossen Haupttälern der Alpen (Rhein, Reuss, Rhone) über das Voralpen- und Mittelland bis hin zum Jura mehr oder weniger stark verbreitet. Die Pflanze benötigt ein relativ warmes Klima, wobei nicht die Wintertemperaturen, sondern diejenigen des Sommers (Föhntäler) ausschlaggebend sind. Das erklärt, weshalb die Mistel kaum über 1200 m anzutreffen ist.
Erste Bekämpfungsmassnahmen sind aus dem Jahr 1554 (!) im Raum Luzern bekannt. Seither gab es immer wieder Vorschriften zur Kontrolle der Mistel. Die möglichen Ursachen für ein lokal vermehrtes Auftreten dieser Pflanze sind noch recht unklar. Man vermutet, dass beispielsweise durch Trockenheit oder Insektenbefall geschwächte Bäume besonders gefährdet sind. In wirtschaftlicher Hinsicht haben Misteln folgende Bedeutung:
Misteln beeinträchtigen den Höhen- und Durchmesserzuwachs der Bäume. Befällt die Mistel den Baumstamm, so entwertet sich das Holz durch die Primärsenker-Gänge. Starker Mistelbefall kann dazu beitragen, dass einzelne Bäume absterben Eine kommerzielle Nutzung der Mistel kann interessant sein (Verkauf von Zweigen mit Beeren). Als Arzneipflanze hat die Mistel eine lange Tradition. Download WSL-Merkblatt "Zur Biologie der Mistel" (PDF, 4.3 MB)